Von , 22.02.2017

Stefan Bergmann

Stefan Bergmann

181 Milliarden Euro. So hoch war die Verschuldung des Landes Nordrhein-Westfalen im September 2016 (Quelle: statista.de). 800 Millionen Euro. So hoch ist die Verschuldung der Stadt Münster (Quelle: WN). Was uns diese Zahlen sagen? Dass ein Privatunternehmen mit diesem Schuldenstand schon längt vom Markt verschwunden wäre, und der Geschäftsführer im Knast wegen Insolvenzverschleppung. Auf keinen Fall käme das Unternehmen auf die Idee, noch mal eben schnell 100 Millionen Euro für - und da sind wir bei des Pudels Kern - eine Stadtbahn auszugeben.
So smart der Vorschlag der SPD ist, Münsters City und Gievenbeck durch eine neue Stadtbahn miteinander zu verbinden, so nötig Münster überhaupt ein Stadtbahnsystem hätte - so durchschaubar surreal ist der Vorschlag der SPD. Es ist Wahlkampf, im Mai wird der Landtag gewählt. Die Vorzeichen für rot-grün sind schlecht. NRW gilt als ein Bundesland, das abgewirtschaftet hat.
Nicht falsch verstehen: Ein kräftiger Landeszuschuss in Höhe der avisierten 90 Millionen für Münster wäre schon in Ordnung. Das Ruhrgebiet hat über Jahrzehnte ein Vielfaches davon verschlungen, um den Strukturwandel zu schaffen (und hat ihn nur zum Teil geschafft). Aber woher soll das Geld kommen?
Wir können wir sicher sein, dass nach der Wahl der Vorschlag genauso schnell wieder in der Schublade verschwinden wird, wie einst das Spaßbad, das die SPD vor der vergangenen Kommunalwahl vorgeschlagen hatte. Es war unnötig, es war Wahlkampf - und es ist zurecht wieder verschwunden von der Agenda.
Doch diesmal liegt die Sache etwas anders. Denn die SPD hat Recht und die Grünen ärgern sich bestimmt schwarz (was für ein kühnes Wortspiel angesichts der grün-schwarzen Koalition im Rat!), dass sie selbst nicht auf die Idee gekommen sind.
Der öffentliche Personennahverkehr (und ja, auch der PKW-Verkehr) in Münster ist eine Katastrophe. Da können sich die Stadtwerke noch so abmühen. Bis 1954 gab es eine Straßenbahn in Münster. Sie abzuschaffen, war eine der schwerwiegendsten Fehlentscheidungen des münsterschen Rates (der seinerzeit übrigens CDU-Zentrums-dominiert war) und wirkt bis heute nach. Rein, was den Verkehr angeht, dürfte Münster wohl eine der italienischsten Städte nördlich der Alpen sein.
Insofern machen die Genossen den Schritt in die richtige Richtung, aber zur Unzeit. Denn die anstehende Wahl degradiert das Thema zur leeren Wahlkampfversprechung. Die SPD hat einen guten Vorschlag dem populistischen Streben nach Wählerstimmen geopfert - und das Thema damit verbrannt. Aber wenn die SPD es ernst meint, dann könnte sie es noch vor der Wahl beweisen - und einen Grundsatzbeschluss im Rat herbeiführen. Ob Sie dazu den Traute hat?
Schade. Münster hätte ein funktionierende, schienengebundenes ÖPNV-System dringend nötig. - Stefan Bergmann


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