Von Ruprecht Polenz, 31.05.2017

Münsters Rat ist dabei,

Münsters Rat ist dabei, mit dem Bad auch das Kind auszuschütten. Weil sich die AfD einen Tag vor der Landtagswahl in die Aula des Stein-Gymnasiums eingeklagt hatte, sollen in Zukunft alle politischen Parteien die letzten 6 Wochen vor einer Wahl keine Räume in Schulen für ihre Veranstaltungen mehr anmieten dürfen.

Die breite Mehrheit im Rat lässt vermuten, dass auch die meisten Bürger diese Maßnahme richtig finden. Aber: ist sie wirklich zu Ende gedacht?

Natürlich müssen Schulen parteipolitisch absolut neutral sein. Darauf ist im Unterricht zu achten. Deshalb werden vor Wahlen die Kandidaten aller Parteien nur gemeinsam zu einer Podiumsdiskussion eingeladen.
Aber beim jetzt angekündigten Nutzungsverbot geht es nicht um Unterricht oder ob eine Schule eine Partei bevorzugt. Es geht darum, ob die Aula außerhalb von Unterrichtszeiten für Veranstaltungen von politischen Parteien angemietet werden kann, oder ob Parteien schlechter behandelt werden als Vereine oder Bürgerinitiativen. Die dürfen diese Schulräume ja ohne Sperrzeiten das ganze Jahr über benutzen.

Parteien haben den Verfassungsauftrag, an der Willensbildung der Bevölkerung mitzuwirken (Art. 21 Grundgesetz). Diese Willensbildung der Bevölkerung vollzieht sich besonders intensiv unmittelbar vor Wahlen. Ausgerechnet in dieser Zeit will die Stadt es den Parteien schwerer machen, ihren Verfassungsauftrag zu erfüllen? In Münster gibt es nicht mehr viele Gaststätten, die über Räume für 100 oder 200 Menschen verfügen.
Es gibt Forderungen, dass Jugendliche mit 16 Jahren an allen Wahlen teilnehmen dürfen. Aber Parteien sollen die Aula außerhalb des Unterrichts nicht für eine Veranstaltung anmieten dürfen, auf der sie ihr Wahlprogramm der allgemeinen Öffentlichkeit vorstellen?

Es gibt Forderungen, dass Jugendliche mit 16 Jahren an allen Wahlen teilnehmen dürfen. Aber Parteien sollen die Aula außerhalb des Unterrichts nicht für eine Veranstaltung anmieten dürfen, auf der sie ihr Wahlprogramm der allgemeinen Öffentlichkeit vorstellen?

Es heißt, viele Schulen hätten sich mit entsprechenden Bitten an die Stadt gewandt, weil solche Veranstaltungen Zweifel an ihrer Neutralität begründen könnten. Aber wie sollte dieser Eindruck entstehen, wenn in der Aula des Paulinums in der einen Woche die SPD eine Veranstaltung mit Sigmar Gabriel macht, vierzehn Tage später die Grünen mit Claudia Roth und die Woche drauf die CDU mit Thomas de Maizière?
Man wolle von politischen Parteien nicht "vereinnahmt" werden, heißt ein anderes Argument. Aber die repräsentative Demokratie des Grundgesetzes ist ohne politische Parteien nicht denkbar. Und das Anmieten einer Aula in den Abendstunden ist keine "Vereinnahmung".

Schulen sechs Wochen vor Wahlen eine no go area für politische Parteien? Parteien sind "bäh" und Wahlkampf ist "igittigit"? Der Rat sollte sich noch einmal gut überlegen, ob das dem Geist von Art. 21 Grundgesetz entspricht.

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