Von Stefan Bergmann, 25.04.2018

Schöner abschieben in Coesfeld

Die beiden Kasernen gehören der Stadt und können demnächst mit Wohnungen bebaut werden. Die Zentrale Ausländer-Abschiebungsbehörde machte ihren bösen Job nicht in Münster, sondern in Coesfeld. Die zentrale (Ausländer-)Unterbringungseinrichtung zieht im nächsten Jahr aus der York-Kaserne in Gremmendorf an den alten Pulverschuppen in der Innenstadt. Dann ist die heile Welt in Münster ja wieder noch etwas heiler. Aufatmen, Wunden lecken, noch ein paar Giftpfeile zum politischen Gegner schießen, Schwamm drüber. Ist es so einfach?

Im Ergebnis vielleicht schon. Münster bekommt Wohnraum. Das zählt am meisten. Ob es Wohnraum wird, den sich Otto-Normal-Durchschnittsverdiener leisten können wird, ist die wichtigste Frage. Die Stadt wird sich nun selbst an der Einhaltung ihrer eigenen Regeln messen lassen müssen. Schafft sie 30 Prozent Sozialwohnungen - und kann sie dem ganz großen Geld widerstehen?

Es war eine seltsame Kombination aus schwarzen wie rot-rot-grünen Flegeleien, die sechs Jahre lang die Diskussion um die Kasernen, um Flüchtlinge, um Arbeitsplätze und Wohnraum bestimmt haben. Das, was die schwarz-gelbe Landesregierung mit Münster gemacht hat, kann man schlicht „Erpressung“ nennen. Entweder Ihr akzeptiert die neue Abschiebungsbehörde bei Euch in der Stadt, oder wir sorgen dafür, dass Ihr die York-Kaserne nie und nimmer bekommt, weil wir darin weiter Flüchtlinge unterbringen werden.

Geht man so mit Kommunen um? Das Ergebnis zeigt, dass der Erpressungsversuch letztlich nur dem politischen Gegner genutzt hat. Denn rot-rot-grün hat hoch gepokert, hat sich der Forderung widersetzt - und hat schließlich gewonnen. Die Grünen im Stadtrat riskierten dafür sogar Ihre Zweck-Ehe mit der CDU im Stadtrat. Aber es gibt natürlich Pferdefüße: 100 Arbeitsplätze, die die Zentrale Ausländer-Behörde nach Münster gebracht hätte, werden nun in Coesfeld geschaffen, wohin das Land auswich. Alles super, also. Abschieben ja, aber bitte nicht aus Münster. Ein Hoch auf die münstersche Bigotterie! Die Umzugskosten für die Flüchtlinge von der York-Kaserne zum Pulverschuppen, den die Stadt mitfinanzieren muss: Wohl zehn Millionen Euro. Aber was spielt Geld denn für eine Rolle, wenn wir dafür moralisch sauber bleiben können? Münster hat ja nur fast ein Milliarde Euro Schulden. Da geht doch noch was.

Dass das Land zum Schluss als großer Retter auftritt, die Erpressung zurücknimmt und Oberbürgermeister Markus Lewe und der CDU doch noch zum glorreichen Sieg verhilft, ist ok. Aber ebenso bigott wie das Verhalten von rot-rot-grün zuvor.

Also: Giftpfeile einpacken. In dieser Diskussion haben sich alle die Hände schmutzig gemacht.

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