Von Michael Jung, 29.08.2018

Liebe Leserinnen und Leser, kaum ein Ereignis der letzten Wochen

Liebe Leserinnen und Leser,
kaum ein Ereignis der letzten Wochen hat die Menschen in Münster so schockiert, wie das „Kippen“ des Aasees. Mehr als zwanzig Tonnen tote Fische aus dem Aasee, ein Sauerstoffgehalt nahe Null – eine ökologische Katastrophe dieses Ausmaßes hat es in Münster lange nicht gegeben, eigentlich sogar noch nie. Nicht nur die Bilder sind schockierend, sondern aus die Tatsachen sind es erst recht.

Direkt nach der Katastrophe wussten die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung, allen voran der zuständige Beigeordnete für Umwelt- und Klimaschutz, Matthias Peck, gleich klarzustellen: Das seien alles Folgen des Klimawandels, der heiße Sommer habe hier sein schreckliches Gesicht gezeigt. Und der ausgebildete Theologe wusste auch gleich mit einem Bibelzitat aufzuwarten: „Wer von euch ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein.“ Immer dann, wenn führende Verwaltungsbeamte auf die großen allgemeinen Weltprobleme verweisen, sollte man misstrauisch werden. Spätestens dann, wenn das große Ganze bemüht wird (nicht zu Unrecht), wird von Verantwortung im Kleinen weniger gesprochen.

Die entscheidende Frage ist nicht so sehr, ob es die Folgen des Klimawandels sind, die sich hier zeigten, sondern was die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung getan haben, um die Katastrophe im Aasee zu verhindern. Dass der Aasee ein prekäres Gewässer von schlechter Qualität ist, hat viele Gründe: Zu wenig Zirkulation, zu wenig Tiefe, zu viel Nitratbelastung durch die Landwirtschaft und ihre Einleitungen. Und trotzdem stellt sich die Frage, warum es so weit kommen musste. Warum wurden die großen Pumpen erst aktiviert, als das Desaster eingetreten war? Was wurde wann gemessen? Und angesichts der langen Hitze- und Dürreperiode, die nicht erst im August begann: Wann hätte man vorsorglich tätig werden müssen und können?

Andere Kommunen sind früher tätig geworden. Am Möhnesee, zugegeben viel größer und viel tiefer als der Aasee, haben die Betreiber der Talsperre schon im Juni mit Maßnahmen begonnen, um ein Kippen des Gewässers zu verhindern. Dort wird seither jeden Tag dem See Sauerstoff zugeführt über Kupferrohre – speziell um in tieferen Regionen des Sees das Leben zu erhalten. Technisch ist die Lösung so überschaubar, dass sie dort immer dann aktiviert wird, wenn die Wetterlage schwierig wird (so auch schon vor zwei Jahren). Anders in Münster: Hier begann das Pumpen von Frischwasser erst dann, als 20 Tonnen Fische schon tot waren. Bei allen berechtigten Hinweisen auf die schwierige ökologische Gesamtsituation am Aasee bleibt am Ende auch die Frage nach der Verantwortung dafür, dass nicht schon zu Beginn einer langen Trocken- und Dürreperiode Schutzmaßnahmen eingeleitet wurden.

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