Von Stefan Bergmann, 05.12.2018

Wenn man in Münster wohnt,

Wenn man in Münster wohnt, dann wähnt man sich ja immer so ein bisschen wie auf der Insel der Glückseligkeit. Eine schöne Stadt mit kleinen Problemen und großen Befindlichkeiten, sagte einmal ein Freund von mir - bevor er Münster gen Berlin verlies. Wenn man wochentags nicht in Münster ist und, beispielsweise, in Emden wohnt, dann bekommt man einen guten Abstand zum münsterschen Wohlfühl-Biotop. Die Werften gehen den Bach runter, die Stadt bangt als VW-Produktionsstandort um Tausende Arbeitsplätze und Gewerbesteuern. Wenn es da um die Frage ginge, ob einige Flüchtlinge mehr künftig an einem Standort wohnen dürfen, wo schon immer Flüchtlinge wohnten - am Pulverschuppen: Hach! Emden wäre froh um dieses Problem. Dass die Diskussion von den Anliegern mit der sinngemäßen Aussage: „…wir haben ja nichts gegen Flüchtlinge, aber…“ eröffnet wurde, spricht auch Bände. Da konnte dann auch SPD-Fraktionschef Michael Jung nichts mehr retten. Dass die Anlieger „rechtliche Probleme“ als Gegenargument anführen, ist drollig. Wenn Flüchtlingsheime gebaut werden, sind es immer die Bäume, die Tiere, die Grasflächen, die Singdrossel oder der gemeine Regenwurm, die leiden müssen. Seltsam aber auch.

Aber eigentlich wollte ich über Weihnachtsmärkte schreiben. Also jene Massen-Glühwein-Abfüllstationen, die man als Münsteraner tunlichst meidet weil man von Touristen totgetreten wird (und weil ein Glühwein-Kater so ungefähr der schlimmste aller ist). Wie oft höre ich hier oben, in Ostfriesland: „…und am Samstag fahren wir nach Münster auf den Weihnachtsmarkt…“. Mir liegt dann immer auf der Zunge: „Lasst es besser sein. Ramsch-Gerummel mit Besucherhorden nahe an der Massenpanik.“ Aber tut man ja nicht. Die Menschen wollen es ja offenbar so. Hier oben sieht der Weihnachtsmarkt aus wie auf dem Bild. Ein paar Buden, und viele Schiffe im Binnenhafen mit - Achtung! - Glühweinausschank, aber auch vielen anderen Spezialitäten. Auf einer Borkum-Fähre ist ein kompletter kleiner Zweit-Weihnachtsmarkt aufgebaut. Jedes Jahr aufs Neue wird Emden in der ewigen „Diese-Weihnachtsmärkte-sind-die-schönsten-in-Deutschland-Liste“ des Magazins „Geo“ aufgeführt. Münster nicht. Zuviel konventioneller Rummel. Also, Münsteraner, kommt nach Emden! Da ist noch mehr Weihnachten und weniger Markt.


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