Von Michael Jung, 15.01.2020

Liebe Leserinnen und Leser, im letzten Jahr hat es nach langem politischem Gezerre

Liebe Leserinnen und Leser,
im letzten Jahr hat es nach langem politischem Gezerre in Berlin einen Durchbruch gegeben: Fünf Milliarden Euro sollen für die Digitalisierung unserer schulen fließen. Das ist auch dringend notwendig – die Kreide und die guten alten Overhead-Projektoren sind an vielen Schulen immer noch die Methode der Wahl, digitale Präsentationstechniken oder gar Tablets sind vielerorts weiter Mangelware. Münster soll von den fünf Milliarden übrigens rund 12 Millionen bekommen – da wird schon deutlich: Das ist bei gut hundert Schulen in Münter auch nicht allzu viel. Und noch unerfreulicher: Bezirksregierung und Stadtverwaltung haben sich jetzt auf ein ziemlich bürokratisches Verfahren geeinigt, nach dem die Gelder dann erst ab 2021/22 ausgezahlt werden. Bis dahin ist also noch Zeit. Ärgerlich ist das alles schon – denn die eigenen Gelder der Stadt reichen hinten und vorne nicht für eine angemessene Ausstattung mit digitalen Medien.

Vor diesem Hintergrund entscheiden sich einzelne Schulen jetzt, Nägel mit Köpfen zu machen: Eine große Schule in der Innenstadt hat zuletzt Tablets für alle Schüler ab der 9. Klasse eingeführt. Klingt spannend, ist es vielleicht auch, aber der Haken an der Sache: Die Tablets zahlen jetzt die Eltern selbst, monatlich wird ein fester Betrag fällig. Da mag man sagen: Warum nicht, so kommt doch endlich was voran. Andererseits ist das alles aber nichts anderes als eine Art Digital-Schulgeld. Ich halte das für eine sehr problematische Entwicklung. Wenn sich das durchsetzt, werden wir demnächst in Münster Schulen haben mit eher gutverdienenden Eltern, an denen digitale Medien normal und verfügbar sind. Und andere mit weniger gutverdienenden Eltern, die dann eben weiter mit Kreide und Overhead-Projektoren arbeiten.

Das ist ganz sicher keine Entwicklung, die man so für gut halten kann. Deswegen braucht es einen Aktionsplan der Stadt, der dann auch die Gelder vom Bund sinnvoll integriert. Dazu gehört eine Art Grundausstattung für alle Schulgebäude: Jeder Klassenraum braucht digitale Präsentationstechnik – so wie früher eine Tafel. Die Stadt muss die Lizenzen für digitale Schulbücher zentral bei den Verlagen einkaufen und allen Schulen zur Verfügung stellen. Basis-Software wie Office-Pakete muss auf allen Schulrechnern verfügbar sein (heute nicht der Fall), und schließlich: Es braucht eine akzeptable Ausstattung mit Tablets. Schulen sollten im Rahmen ihrer medienpädagogischen Konzepte entscheiden, wie sie das halten wollen: Ob alle Schüler ein persönliches Tablet bekommen, oder ob es eine größere Anzahl an Klassensätzen geben soll. Eines muss aber bei all dem klar sein: Das zu bezahlen, ist eine Aufgabe für alle Steuerzahler unserer Stadt, und nicht nur eine für Eltern. Ein Digital-Schulgeld löst vielleicht Ausstattungsprobleme, aber es schafft neue soziale Ungleichheit.

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