Von Arno Tilsner, 19.08.2020

Eine Pandemie zwingt uns umzudenken.

Eine Pandemie zwingt uns umzudenken. Schlimm, liebe Leserinen, liebe Leser? Nein, eben nicht nur schlimm. Das Virus fordert uns heraus, scheinbar Unabänderliches neu zu denken. Es gibt Momente des Erkennens, die mir ohne Corona so schnell nicht in den Sinn gekommen wären.
Ich war gestern (Montag) mitten in einem Stromspeicherexperiment, als mir auffiel, dass ich Komponenten und Verfahren nutzte, die ich schon 2013 für genau diese Anwendung gekauft hatte. Vor 7 Jahren bewegte ich mich (aus meiner Sicht) auf technischem Neuland und hatte gerade von einem Spezialisten erfahren, dass man sich das Aufladen von modernen Akku-Zellen so vorstellen muss, wie das Auffüllen einer Wasserflasche. Man füllt und füllt und wenn der Wasserstand den Flaschenhals erreicht, geht alles ganz schnell. Wenn man nicht aufpasst schwappt das Wasser über. Bei modernen Akkuzellen ist dieser Moment des Überschwappens eine schwere Beschädigung, die unbedingt vermieden werden muss.
Ich hatte schon während der Spezialist noch sprach für diese Aufgabenstellung eine Lösung im Kopf. Im übertragenen Sinne ging die so: ich fülle nicht 4, 8 oder 16 Flaschen gleichzeitig über ein und dieselbe Rinne, sondern jede Flasche einzeln nacheinander mit einem eigenen Schlauch. Gedacht, getan und jetzt kommt der Clou: NICHT DURCHGEZOGEN.
Gestern, sieben Jahre und einen fünfstelligen Betrag zerstörter Akku-Zellen später, nehme ich die Komponenten aus 2013 erfolgreich wieder in Betrieb. Meine staunende Frage an mich: Arno, warum hast Du Dich selbst von Deinem Weg abgedrängt? Die Antwort: es war mir unheimlich, alleine unterwegs zu sein. Alle Professionellen machten und machen es anders. 2013 reichte mein (gewiss nicht geringes) Selbstbewusstsein nicht aus, wirklich abseits des Mainstreams zu schwimmen. Mainstream-Denken fragte nicht: kannst Du es? Mainstream-Denken fragte knallhart: kannst Du es so billig wie wir?
Was hat sich nun durch Corona geändert? Die Mainstream-Frage, 'kannst Du es so billig wie wir' (z. Bsp. Tönnies, Ryanair,)spielt plötzlich keine Rolle mehr, wenn der Staat dicht macht, die Märkte schließt, soziale Kontakte unterbindet. Für einen Moment nimmt der Staat dem Kapitalismus sein schärfstes Schwert aus der Hand.
Es entsteht der Raum für eine andere, sehr wichtige Frage: 'Kannst Du es auch nachhaltig?' Eine Frage, für die es höchste Zeit ist.

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