Von Stefan Bergmann, 16.09.2020

Das Wahlergebnis in einem Satz?

Das Wahlergebnis in einem Satz? Münster steht vor einem radikalen Politikwechsel, die CDU und Ihr OB Markus Lewe merken, das man mit präsidialem Langmut die Herausforderungen einer Großstadt nicht meistern kann, die Grünen haben gepokert („autofreie Innenstadt“) und gewonnen, die SPD ist jetzt vermutlich an der Untergrenze der Relevanz angekommen, auch und vor allem durch eine unerträgliche Ego-Show an der Fraktionsspitze, bei der man sich fragen musste, um was es eigentlich geht - die Stadt und ihre Menschen oder um die Machtgelüste des OB-Kandidaten.
Ok, das war gemogelt. Laut Journalistenschule hätte dieser Satz mindestens in fünf Sätzen daherkommen müssen.
Die SPD hat es in den vergangenen Jahren verpasst, neue Frauen (vor allem!) und Männer groß werden zu lassen. Und vor allem die, die den Realo-Flügel der Partei vertreten und nicht auf Klassenkampf und Ideologie setzen. Dass sich vor Monaten nur ein Sozi getraut hat, eine OB-Kandidatur anzumelden, spricht Bände. Dieses l’état-c’est-moi-Gehabe ist der SPD jetzt auf die Füße gefallen. Michael Jung hat sich am Montagabend aus der Kommunalpolitik zurückgezogen. Das war konsequent. Was die SPD jetzt nur noch bewirken kann: Dem grünen OB-Kandidaten auf den Thron helfen. Dazu muss man Größe haben. Ob das klappt?
Die wichtigste Botschaft der Wahl am Sonntag war jedoch: Die Münsteraner haben der CDU und auch Markus Lewe eine Lektion erteilt. Zwischendurch sah es so aus, dass die CDU ihren quasi gottgegebenen Status als Mehrheitspartei in Münster verlieren würde. Nur ein Hauch trennt sie jetzt von den Grünen. Staune und lerne, CDU! Hätten die Grünen die cojones gehabt und eine Frau zur OB-Kandidatin zu machen, dann wäre gestern vermutlich schon alles klar gewesen. Meine Einschätzung.
Ein schwarz-grün-Bündnis im Rat liegt nahe, brachtet man den Wählerwillen. Doch ein „Weiter so!“ werden die erstarkten Grünen nicht hinnehmen. Die komplett autofreie Innenstadt ist zwar eine abstruse Idee. Aber irgendetwas in diese Richtung werden die Grünen durchsetzen müssen und wollen. Mein Vorschlag: Fangt mit einem Auto- und Bus-freien Prinzipalmarkt, Rothenburg, Domplatz und Alten Steinweg an. Dann habt Ihr schon viel erreicht für die Lebensqualität in der Innenstadt. Und wenn Ihr dann endlich mal anfangt, solche Wohnungen zu bauen, die sich ein Durchschnitts-Münsteraner leisten kann, dann könnte es eine Erfolgsgeschichte werden mit Euch beiden.
Die nächsten zwei Wochen bis zur Stichwahl zwischen Markus Lewe und Peter Todeskino werden hoffentlich spannend. Wird Markus Lewe seine Wahlkampfstrategie ändern und den konkreten Forderungen des Grünen konkrete Vorstellungen seiner selbst entgegensetzen? In den letzten Jahren ist Lewe gut mit dem Münster-Gefühl als Wahlargument durchgekommen. Diese Zeit haben die Wähler nun beendet.
Ach so, zum Schluss: Achtungserfolg für die Europa-Partei Volt. Sie errang zwei Sitze im Rat. Ihr hätte man mehr gewünscht.
AfD - wer war das noch mal?

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