Von Arno Tilsner, 24.02.2021

Aktuell, liebe Leserinnen, liebe Leser, muss man einigermaßen beweglich im Kopf sein,

um dem Regierungskurs in Sachen Seuchenbekämpfung per Lockdown zu folgen. Während vor dem Wochenende 35 wie die neue 50 klang, klingt es nach dem Wochenende so, als seit die sonst beschworene 100.000er Inzidenz allenfalls eine Zahl unter vielen. Am späten Montagnachmittag berichtet die Presse über Lockerungsübungen im Kanzleramt, während zur gleichen Zeit draußen R-Wert und Infektionszahlen leicht steigen. Möglicherweise haben sich CDU/CSU bei ihrer Vorstandsschalte am Montagvormittag auf eine geänderte Sprachregelung in Sachen Pandemie verständigt.

Hinter dem Regierungshandeln einen Plan zu vermuten erscheint mir übertrieben, es sei denn, man würde die Vorfreude im Apparat auf die nahen Osterferien als Planungsmotiv mit einbeziehen. Mit der ist es in der Nacht zum Dienstag schnell wieder vorbei. Karl Lauterbach verlautet, dass wir uns am Beginn einer 'dritten Welle' befinden, die aus seiner Expertensicht schon nicht mehr aufzuhalten ist. Dazu passt eine Studie zur B117/UK Variante, die möglicherweise 5 Tage länger ansteckend sein könnte. 10 Tage Osterurlaub und anschließend 14 Tage Quarantäne? Dann doch lieber noch mal Ferien auf dem Balkon?

Ich möchte dieses undeutliche Bild über die Zukunft unserer Normalität nicht vollkommen im Nebel stehen lassen. Uğur Şahin, der das Virus besser kennt als die meisten der twitternden Experten, "hat sich zuversichtlich geäußert, dass Corona-Impfstoffe das Virus bald erfolgreich in die Schranken weisen können".(Quelle ntv.de) Möge er Recht behalten.

Unabhängig vom weiteren Gang der Dinge habe ich diese Lehre aus dem Jahr mit Pandemie gezogen: wenn Staaten keine anderen Handlungsoptionen sehen, sind auch in der 'freien Welt' Freiheitsrechte keinen Pfifferling wert. Im Zweifel entfällt die Schulpflicht, die Geschäftsfreiheit, die Freiheit sich zu versammeln und zu reisen. Statt dessen gilt Hausarrest. Es liegt also in unserem ureigensten Interesse, frühzeitig mit Schritten gegen heraufziehende Krisen zu beginnen.

Die Klima-Krise ist unter diesem Aspekt der große Bruder der Pandemie. Ihre Auswirkungen werden seit Jahren dramatisch berechnet, derweil Regierungshandeln weiter schwach bleibt. Özlem Türeci und Uğur Şahin, das congeniale BioNTech-Paar, haben am Beispiel der Pandemie gezeigt, wie unternehmerisches Handeln in enger Abstimmung mit Regierungen einen Weg aus einer Krise weisen kann. Forscher:innen und Kaufleute aus Mainz/Germany. Dennoch waren für schnelles Vorwärtskommen ihrer HighTech-Medizin die Bedingungen in Israel einladender. Was wir über die Wirkung der Impfung heute wissen, stammt aus systematischen Erhebungen dort. Unsere deutsche Schwäche in der Umsetzung hervorragender eigener Forschung und Entwicklung sollte uns mehr zu denken geben, als aktueller R-Wert und bevorstehende Osterferien. - Arno Tilsner

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