Von Arno Tilsner, 20.10.2021

Schöne Worte vom 'Aufbruch'...

... höre und lese ich gerne, liebe Leserinnen,
liebe Leser. Möge die neue Regierung Deutschland aus der Lethargie der alten befreien und sich selbst davor bewahren - angesichts vielfältiger Widerstände gegenüber Veränderungen - alsbald in Lethargie zu fallen.

Wir haben bei energy.nadann für Lethargie keine Zeit. Am Wahlsonntag hatten wir (wie berichtet) den großen Wasserspeicher in der Umhausung des abgeernteten Gewächshauses aufgebaut und mit 16.000 Liter Wasser befüllt. In den folgenden 20 Tagen und Nächten, die in Handorf bisweilen mit Tiefsttemperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt lagen, haben wir die 16.000 Liter Wasser rund um die Uhr bei über 30 Grad gehalten. Dafür setzten wir 680 kWh Strom ein, also im Durchschnitt 1,5 kW pro Stunde.

Quelle: Shutterstock.de

Wenn Ihr Euch als Laien das Sensationelle dieses Leistungsnachweises vor Augen führen wollt, stellt Euch bitte vor, Ihr steht abends am 5,49 langen x 2,74 breiten x 1,32 tiefen Meter großen Wasserbecken, welches mit dünnen Plastikplatten von der Außenluft getrennt ist. Zum Heizen stehen Euch vier Reisetauchsieder zur Verfügung, die mit je 350 Watt Strom die 16.000 Liter wärmen sollen. Nach einer klaren Mondnacht im Oktober mit Temperaturen nahe Null werdet Ihr aus dem Experiment unterkühlter rauskommen als ihr reingegangen seit. Im besten Fall hat das Wasser euch etwas von seiner Wärme abgegeben.


Wo kommt die viele Wärme her, mit der das Wasser in unserem Experiment über 30 Grad und die Luft hinter dünnen Plastikplatten bei über 20 Grad gehalten wird? Statt den Strom in vier Reisetauchsiedern zu verglühen, schicken wir ihn in eine leis-tungsstarke Wärmepumpe, die mit dem geringen Energieeinsatz ein Vielfaches an Wärme aus der Umgebungsluft pumpt. Wie unsere Messreihe unter realen Bedingungen zeigt, wird auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt jede Menge Wärme im Wasser gespeichert.

Wärmepumpen sind keine revolutionäre, neue Erfindung. Im Bereich der Gebäudeheizung stehen sie allerdings unter dem Regiment der handwerklich organisierten Heizungsbauer, die zu ihnen eine klare Meinung haben: 'lohnen sich nur in voll gedämmten Neubauten'. Unsere Messreihe zeigt ein anderes Bild: Wärmepumpen lohnen sich unter dem Gesichtspunkt von Energieeffizienz immer, weil deutlich mehr Energie raus kommt als in sie reingesteckt wird. Kurz gesagt: mehr netto vom brutto.

'Aufbruch', das Ziel bis 2030 klimaneutral zu werden, erfordert eine erfolgreiche Energiewende besonders bei der Gebäudeheizung. Handwerker werden lernen, dass ohne mehr netto vom brutto das Ziel nicht erreicht werden kann. Wir wollen auf diesen Lernprozess nicht warten.

Unser nächster Schritt: in vier Wochen, Mitte November, werden wir im Eigenbau mit der Wärme aus dem großen Speicher im Haus angekommen sein. - Arno Tilsner

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