Von Ruprecht Polenz, 30.03.2022

In Krisen ...

...zeigt sich der Wert von Städtepartnerschaften besonders.

Lublin, die polnische Partnerstadt von Münster, liegt nur 80 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Lublin ist mit 350.000 Einwohnern etwas größer als Münster und hat über 30.000 Flüchtlinge aufgenommen. Die Stadt fungiert als eine Art Drehkreuz, von wo aus die Flüchtlinge weiter ins Landesinnere verteilt werden.

Mitglieder des Fördervereins Münster-Lublin haben inzwischen Sach- und Geldspenden für die Flüchtlinge gesammelt und nach Lublin gebracht. Die Spendenbereitschaft war groß, auch weil die direkten persönlichen Kontakte die Sicherheit geben, dass alles unbürokratisch und direkt bei den Flüchtlingen ankommt.

Außerdem hat sich die Stadt bereiterklärt, 100 Geflüchtete aus Lublin aufzunehmen. In dieser Woche werden sie mit zwei Reisebussen abgeholt. Übergangsweise sollen sie zunächst in der Roxeler Dreifach-Sporthalle untergebracht werden.

Weniger im Blickpunkt steht bisher die Städtepartnerschaft mit der russischen Partnerstadt Rjasan. Hier sollten die persönlichen Kontakte genutzt werden, die seit den 90er Jahren entstanden sind, um mit den russischen Freunden und Bekannten über den Krieg in der Ukraine zu sprechen.

Die meisten haben kaum andere Informationsquellen als das staatliche russische Fernsehen und die vom Kreml gelenkten Medien, die sie seit Jahren nach Strich und Faden belügen. Da ist von Faschisten die Rede, die angeblich in Kiew herrschen, nach Atomwaffen streben und einen Völkermord an den ethnischen Russen in der Ukraine begehen. Das ist ein alter Propagandatrick. Je monströser die Lüge, desto eher wird sie geglaubt.

Die Ukraine sei kein eigener Staat, sondern gehöre zu Russland. Genauso, wie das ukrainische Volk zum russischen Volk gehöre. Mit der „begrenzten Militäroperation“, wie Putin seinen Überfall unter Strafandrohung nennen läßt, solle zusammengeführt werden, was zusammen gehöre.

Leider wirkt diese Propaganda. Nach Meinungsumfragen glauben ihr 70 Prozent der Russinnen und Russen, und unterstützen die verbrecherische Politik Putins.

Wenn überhaupt, dann könnte das Gespräch mit Freunden dieses Weltbild erschüttern. Denn die Informationen und Argumente kämen von Menschen, die man kennt und denen man Vertrauen entgegenbringt.

Auch die Stadt könnte die Partnerschaft nutzen: Wie wäre es, wenn der Oberbürgermeister jetzt eine Delegation aus Rjasan nach Münster einladen würde? Auf dem Besuchsprogramm neben dem Besuch im Friedenssaal auch: Gespräche mit geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern (natürlich nur mit denen, die bereit sind, solche Gespräche zu führen). - Ruprecht Polenz

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