Von , 18.05.2011

In Deutschland bewegen sich zu viele zu schwere Menschen aus eigener Kraft zu selten und zu langsam. Statt dessen fahren sie lieber in zu schweren Kraftwagen zu oft zu schnell. Mit dieser These werde ich nicht Autofahrers Liebling. Dafür lassen sich aus ihr die Grundzüge einer Energiewende ableiten. Eine Gesundheitsreform gibt es ohne weiteren Aufwand dazu.

Ziel dieser, in loser Form vorgetragenen Themenreihe ist die Entschleunigung des Straßenverkehrs. In einem schleichenden Prozess über drei Dekaden hat sich unter Autofahrer/Innen ein Common Sense gebildet, demzufolge Höchstgeschwindigkeiten eigentlich Mindestgeschwindigkeiten sind, die nicht unterschritten werden dürfen. 50 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften bedeuten heute mindestens 50 km/h. Praktisch ist die real gefahrene Geschwindigkeitsskala in Münsters Stadtgebiet nach oben offen.

Der Vorteil des Schnellfahrens liegt dabei vor allem im Subjektiven. Sein Credo: je mehr ich die Geschwindigkeit überschreite, desto weiter komme ich an anderen vorbei nach vorn! Stimmt, noch weiter vorn würde ich sein, wenn ich zehn Minuten früher los führe.

Diese Binsenweisheit könnte Radio Antenne Münster seinen Auto fahrenden Hörerinnen und Hörern täglich zur besten Sendezeit mit auf den Weg geben. Statt dessen unterhält das Lokalradio eine Blitzer-Hotline. Hörer/Innen werden aufgefordert, dort Geschwindigkeitskontrollen zu melden, damit andere Autofahrer/Innen über's Autoradio davor gewarnt werden können. Mich wundert es seit Jahren, dass sich Polizistinnen und Polizisten im Interesse der Quote einer lokalen Rundfunkanstalt wie Strauchdiebe behandeln lassen.

Wenn ich von Berufswegen eine Messstelle an eine Straße stellen sollte, vor der nach fünf Minuten im Radio gewarnt wird - als ginge von dieser Kontrolle eine allgemeine Gefahr aus und nicht von denen, die gewohnheitsmäßig die vereinbarte Höchstgeschwindigkeit überschreiten - würde ich die Sachen zusammen packen und den Redakteur beim Radio besuchen.

Bildquelle Firma Sierzega

Mich würde interessieren, was er sich bei seiner Ansage denkt und ihn fragen wollen, wie er sich die Drosselung der überhöhten Geschwindigkeit vorstellt, wenn nicht durch unerwartete Geschwindigkeitskontrollen. Danach würde ich eine Eingabe an meinen Polizeipräsidenten richten, dass er die beiden Zeitungsverleger und den Vorstand der Stadtwerke - den Dreien gehört das Lokalradio - bittet, mich bei der Arbeit vom öffentlichen Präsentierteller zu nehmen.


Eine stadtweit über das Lokalradio angekündigte Geschwindigkeitskontrolle hat im Bezug auf die Veränderung einer fatalen Gewohnheit unter AutofahrerInnen einen kontraproduktiven Effekt. Entschleunigt bekommen wir den zu schnellen Stadtverkehr nur, wenn die vielen zu schnellen Fahrzeugführer/innen regelmäßig ihre Regelübertretung bezahlen.

Schlau im Sinne der Stadtgesellschaft wäre es, mit diesen Einzahlungen die Beruhigung des Autoverkehrs schneller voran zu bringen. Zum Beispiel mit der Anbringung der abgebildeten Geschwindigkeitsanzeigen. Für gerade mal 2.500 EUR kann die Firma Sierzega (Bildquelle) so einen öffentlichen Tacho liefern. Sobald die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit für alle außerhalb des Fahrzeugs sichtbar wird, wird sie sich auf eine Nähe zu den vereinbarten 50 km/h reduzieren. - Arno Tilsner

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