Von Ruprecht Polenz, 17.08.2022

Wäre Münster eine Insel ...

Wäre Münster eine Insel in der Nordsee, von Sprakel bis Amelsbüren, von Roxel bis Wolbeck, dann könnten die Münsteraner:innen alle Ziele im Stadtgebiet ohne eigenes Auto erreichen. Mit dem Bus und/oder mit dem Fahrrad. Nur für Polizei, Feuerwehr, Kranken- und Behindertentransport und Notärzt:innen würden Autos gebraucht.

Die Wirklichkeit sieht anders aus. „Immer mehr Autos in Münster“ überschrieben die WN einen Bericht über die neuesten Zahlen des Kraftfahrtbundesamts. Danach waren zum Stichtag 1. Januar 2022 insgesamt 176.481 Kfz zugelassen. Gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um 2172. Ein neuer Höchststand.

Die Zahl der Autos ist mit 15,1 % in den letzten 10 Jahren schneller gewachsen als die Zahl der Einwohner:innen (7,1 %).

Alle demokratischen Parteien im Rat verfolgen wollen die Innenstadt „autoärmer“ machen. Wenn das gelingen soll, müßten möglichst viele Münsteraner:innen bei Stadtfahrten das Auto zu Hause stehen lassen.

Immerhin werden von den täglich rund 1,3 Millionen Fahrten 43,5% mit dem Fahrrad zurückgelegt. Münster hat den höchsten Radverkehrsanteil in ganz Deutschland und 45 Millionen fahren jährlich mit dem Bus. Insgesamt werden 71% aller Wege per Fahrrad, mit Bus und Bahn oder zu Fuß zurückgelegt.

Wenn erreicht werden soll, was auf einer Nordsee-Insel Münster möglich wäre, müssen diese Werte weiter gesteigert werden. Kleiner Spoiler: selbst dann gäbe es noch viel Autoverkehr. Denn Münster ist eben keine Insel in der Nordsee, sondern lebt von einem Einzugsbereich von ca 2 Millionen Menschen.

Zwar war das Neun-Euro-Ticket nur ein Strohfeuer. Aber es hat gezeigt, dass für den ÖPNV noch viel Luft nach oben ist. Neben attraktiven Tarifen und einfachen Tarifstrukturen braucht es vor allem weitere strukturelle Verbesserungen, um zusätzliche Kund:innen zu gewinnen: Busspuren, mehr Elektrobusse, kürzere Zeittakte, ein dichteres Netz. Es ist zu hoffen, dass der Bund seine Förderung für den ÖPNV so verstetigt, dass diese strukturellen Verbesserungen beschleunigt in Angriff genommen werden können.

An vielen Stellen sind die Radwege in Münster an die Grenzen ihrer Kapazität gekommen. Vor allem mit Lastenfahrrädern und mit Anhänger tut man sich oft schwer. Fahrbahnbenutzung, Verbreiterung der Radwege und neue Velorouten werden gebraucht, um den Anteil des Radverkehrs weiter zu steigern.

Dabei geht es nicht um den einen großen Wurf. Auch Kleinigkeiten helfen. So hat jetzt die CDU-Ratsfrau Carmen Grefrath die Verwaltung gebeten, Radwegesperren mit versetzten Schranken daraufhin zu überprüfen, ob sie für Lastenräder und Fahrräder mit Anhänger zu eng aufgestellt sind. Weitere Verbesserungsvorschläge sind sicher willkommen. – Ruprecht Polenz

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