Von Arno Tilsner, 05.10.2022

"Wir sollten aber Hoffnung haben."

Mit diesen Worten, liebe Leserinnen liebe Leser, beschließt Larry Fink ein Interview, das er Ende September in Paris mit Journalisten der Zeitungen El Mundo, Handelsblatt, Corriere della Sera und Les Échos geführt hat. Der Amerikaner Laurence Douglas Fink (Jahrgang 1952) ist nicht irgendwer, sondern der Gründer des größten Vermögensverwalters der Welt, besser bekannt als BlackRock. Larry Fink sagte, "Wir sollten aber Hoffnung haben". Das meint er auch so, als Ökonom, nicht als Prediger. In den USA gilt er als überzeugter 'lifelong Democrat', der Partei Kennedys, Carters, Clintons, Obamas und Bidens.

Warum stelle ich Finks Hoffnungs-Botschaft wie ein Prediger an den Anfang dieses Presseausweises? Weil Hoffnung nach drei Jahren Pandemie, mehr als einem halben Jahr Krieg in Europa (mit horrenden Energie- und sonstigen Preisteigerungen als direkte Folge), der dunklen Jahreszeit vor Augen und allem, was sonst noch schief laufen kann, nicht in allen (Redaktions-) Stuben ganz oben auf dem Zettel steht.

Bei mir (und damit bei der na dann ..) steht die Hoffnung auf eine bessere Welt jeden Tag ganz oben, zusammen mit der Gewissheit, dass jeder kleine Schritt dort hin erarbeitet werden muss. Eine bessere Welt fällt nicht vom Himmel. Der Himmel fällt in Wirklichkeit nicht einmal denen in den Arm, die jeden Tag für eine Hölle auf Erden sorgen.

Hoffnung wächst mit der täglichen Arbeit in ihrem Sinn. Vor 12 Monaten waren wir ausgewiesene Gasverbraucher mit einem Volumen von über 100.000 kWh pro Jahr. In dieser beginnenden Heizsaison haben wir Gas bisher nur in homöopathischen Dosen zum Systemerhalt verbraucht. Die am Tag der russischen Invasion begonnene Umstellung auf die Wärmeversorgung des postfossilen Jahrhunderts läuft. Weil Handwerker im Februar nicht garantieren wollten, im Oktober fertig zu sein, haben wir die notwendigen Installationen selbst vorgenommen. Alles was wir dazu brauchten, fanden wir als Angebot auf dem Markt.

Die Sprengung der beiden Gasversorgungsleitungen durch die Ostsee von Russland nach Deutschland hat bei aller berechtigten Empörung einen geradezu symbolischen Wert. In der zweiten Hälfte dieses postfossilen Jahrhunderts würden diese Gasleitungen ohnehin nicht mehr gebraucht. Wer auch immer sie vor einer Woche gesprengt hat, sorgt dafür, dass Deutschland sich ungleich schneller und erfolgreicher den aufstrebenden Alternativen zuwenden wird.

Eine Gesellschaft im Ganzen kann sich nicht so schnell umstellen wie einzelne Unternehmen. Es wird also ein drittes Winterhalbjahr der besonderen Art (2xPandemie, 1xEnergie) werden. An dessen Ende leuchtet die Zukunft des High-Tech Industrielandes Deutschland heller als ohne diese Zäsur. In meinen Augen ist das keine Hoffnung sondern eine Gewissheit. - Arno Tilsner

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