Von Ruprecht Polenz, 09.11.2022

Am Samstag erinnerten nur noch ...

... die blauen G7-Flaggen auf dem Prinzipalmarkt an das Treffen der Außenminister:innen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, dem Vereinigten Königreich, den USA und dem EU-Außenbeauftragten.

Was hat das Treffen gebracht? Was bleibt? Zwar repräsentieren die G7 nur 10 Prozent der Weltbevölkerung. Aber weil sie für 43 Prozent der Weltwirtschaftleistung stehen, ist ihr Einfluss groß - wenn sie einig sind.

Und einig haben sie sich gezeigt. Keine Selbstverständlichkeit, wenn man daran denkt, dass in Großbritannien und Italien gerade neue Regierungen ans Ruder gekommen sind. Außerdem sind die wirtschaftlichen Interessen durchaus nicht deckungsgleich. Von den Rückwirkungen der Sanktionen gegen Russland sind die G7 unterschiedlich betroffen, abhängig von Art und Umfang ihrer bisherigen Wirtschaftsbeziehungen.

Die Ukraine kann sich darauf verlassen, dass ihr die G7 gegen den russischen Aggressor weiter zur Seite stehen. Mit Waffenlieferungen zur Selbstverteidigung und mit Wirtschaftshilfe, damit das Land gut durch den Winter kommt.

Weil Russland verbrecherisch die zivile Infrastruktur wie Strom- und Wasserversorgung gezielt zerstört, braucht die Ukraine zB. mindestens 25.000 Notstromaggregate. Sonst bricht mancherorts auch die Wasserversorgung zusammen.

Putins Politik zielt darauf, den Westen zu spalten. Er setzt darauf, dass die explodierenden Energiepreise das eine oder andere Land zum Einknicken bringen. Der demonstrative Schulterschluss der G7-Außenminister:innen und des EU-Außenbeauftragten zeigt ihm einmal mehr, dass er sich verkalkuliert hat.

Deutlich fiel auch die Botschaft an das iranische Regime aus. Seit Wochen demonstrieren Hunderttausende landesweit gegen die Brutalität des Regimes. Die Demonstrierenden bekamen aus Münster von den G7 deutliche Unterstützung. Auch wegen der Waffenlieferungen an Russland muß Teheran mit weiteren Sanktionen rechnen.

Für die Wirtschaft der G7 ist China ein attraktiver Markt und wichtiger Handelspartner. Allerdings hat Staats- und Parteichef Xi Jinping die ideologischen Zügel angezogen und positioniert China immer mehr als systemischen Rivalen mit hegemonialen und imperialistischen Ambitionen. Die G7-Außenminister:innen wollen mit einer abgestimmtes China-Strategie antworten und einseitige Abhängigkeiten reduzieren und künftig vermeiden.

Nach dem Treffen zwischen Genscher und Schewardnadse im Juli 1990 stand Münster in der vergangenen Woche wieder im Scheinwerfer-Licht der Weltöffentlichkeit. Damals wurde ein wichtiger Schritt zur Wiedervereinigung geschafft. Vielleicht wird man eines Tages sagen, dass das Treffen der G7-Außenminister:innen in Münster ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Frieden in der Ukraine gewesen ist. Zu hoffen wäre es. -Ruprecht Polenz

Archivtexte Presseausweis

Ruprecht Polenz Ruprecht Polenz

Beiträge 2022