Von Arno Tilsner, 16.11.2022

Die Geschichte...

... liebe Leserinnen, liebe Leser, die ich heute hier erzähle, begann ganz uns gar nicht als Gute-Laune-Geschichte. Mein alter Kumpel Arnold, den viele Ältere von Euch als Chef vom Copy Center Coerdestraße kennen, kam an einem Sonntag zum Kaffeetrinken vorbei, um mit mir über die auf uns zukommenden neuen Strompreise zu sprechen. Ich war erstaunt, dass er von den Stadtwerken schon ein Angebot für seinen Betrieb hatte und wir noch keins. Also rief ich unter der Woche beim Versorger an. Wir waren bei den Angeboten vergessen worden. Am späten Donnerstag­nachmittag kam der Preis-Hammer per Mail mit einer Strompreissteigerung von 342% und einer Gaspreissteigerung von 390%. Zusammen für die Laufzeit von 24 Monaten ein Aufschlag von ca. 66.000 EUR. Und - so die Stadtwerke - dieses 'Schnäppchen' wäre nur noch wenige Tage zu haben, danach würde es teurer.

Ich habe in 46 Jahren als Kaufmann schon eine Menge wilder Geschichten erlebt, aber ein Vertrag mit fast 400% Aufschlag als Sonderangebot war noch nicht dabei. Als Unternehmer ruft man in so einer Situation nicht nach dem Staat sondern den Wettbewerb auf den Plan. Also wählte ich am nächsten Morgen die Nummer von Gerd mit der Frage, ob sich unser BHKW von Erdgas (LNG), das die Stadtwerke liefern, auf LPG, das es am freien Markt zu kaufen gibt, umrüsten lässt. 'Ein Umbausatz für 78,85 EUR plus 2 Stunden Arbeit' kam als Antwort, 'solche Umbauten machen wir im Moment zwei pro Woche'.

LPG (Liquified Petroleum Gas), besser bekannt als Propan oder Butan fällt bei der Kerosin, Benzin und Diesel Raffinierung aus Erdöl an. Wie Heizöl kann es in Tanks gelagert werden. Also fragte ich Gerd: 'Wer bekommt nach Deiner Erfahrung die Installation von so einem Tank kurzfristig zuverlässig hin?' Gerd nannte mir die Top 3 aus seinem Ranking. Wir wählten einen Lieferanten aus und machten den Aufbau für die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr klar. Bis hierher business as usual, eine Geschichte ja, aber keinen Presseausweis wert.

Die Gute Laune kam heute als Firma, die die notwendigen Erdarbeiten ausführen wird, in einem über 30 Jahre alten Mercedes Pritschenwagen auf den Hof. Draußen schlicht GRÜN, wie es sich für ein Landschaftsbauer-Fahrzeuig gehört, drinnen ein Westfale mit Hut wie aus einem Bilderbuch. Dass es so einen in der heutigen stromlinienförmigen Lifestyle Gesellschaft noch gibt... 'Ja, und Ihr wollt sicher auch wissen, was es kostet?' Mit diesen Worten holt er einen Mini-Taschenrechner wie ein Taschenkalender aus der Joppe und dreht sich ins wegdämmernde Tageslicht. Geht noch gerade so mit dem 'Solarbetrieb'. Tipp, tipp, tipp ..., 'also 1.800,-, sagen wir unter 2.000 netto!' Wir: 'Und zwischen Weihnachten und Neujahr könnt Ihr die Arbeit machen?' Er: 'Ja, zwischen Weihnachten und Neujahr arbeiten wir nicht. Wenn wir dann doch arbeiten, arbeiten wir eben.' Sprach's und ratterte mit seim Uralt-Diesel vom Hof. Eine Work-Life-Balance der alten westfälischen Art. Ein Erlebnis, das im Handumdrehen den ganzen Trabbel um die Energie in ein freundliches Licht gerückt hat. - Arno Tilsner

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