Von Jörg Phil Friedrich, 18.01.2023

Debatte (1): Optimismus hilft uns nicht

Früher sah die Zukunft besser aus als heute. Schauen Sie mal einen der ersten Star-Trek-Filme: Die Menschheit lebt friedlich in einer funktionierenden technischen Welt, in der es weder Viren noch Rassismus gibt. In heutigen Science-Fiction-Geschichten stolpert Tom Hanks halbtot als Finch durch eine desolate Landschaft, er ist ein findiger Tüftler, der aus den Resten von High-Tech-Instrumenten klapprige Roboter bastelt.

Auch wenn wir in den vergangenen Jahrhunderten große Kriege und Unmenschlichkeit erlebt haben, auch wenn große technische Projekte immer wieder von Katastrophen begleitet waren, war bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein doch der Fortschrittsoptimismus, gegründet auf Naturwissenschaft und Technik, kaum zu erschüttern: Irgendwann können wir alle Probleme in den Griff bekommen, dann werden auch die Verfahren der Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft so viel Wohlstand erzeugt haben, dass alle Völker der Welt friedlich-demokratisch-marktwirtschaftlich leben wollen.

Von diesem Optimismus ist nichts geblieben. Das ist es, was ich die „postoptimistische Gesellschaft“ nenne. Kaum jemand kann sich noch vorstellen, dass der Klimawandel durch das Einhalten irgendeines CO2-Ziels begrenzt werden kann. Die Corona-Pandemie zeigt uns die Anfälligkeit des ökonomischen und sozialen Geflechts, auf das wir angewiesen sind. Und vom Siegeszug der Demokratie und vom friedlichen Zusammenleben der Menschheit ist längst keine Rede mehr.

Dennoch gibt es keinen Grund für Pessimismus. An die Stelle des Fortschrittsoptimismus tritt die Zuversicht, dass wir Krisen und Katastrophen zwar nicht vermeiden können, dass wir aber mit ihnen klarkommen. Wir sind und bleiben alle verletzlich. Das lernen wir gerade zu akzeptieren. Aber wir sind auch widerständig: In jeder miesen Lage und gerade, wenn es ganz schlimm kommt, entwickeln wir Ideen und werden einfallsreich. Finch ist das neue Vorbild.

Voraussetzung dafür ist, dass wir uns vom alten Fortschrittsoptimismus ganz verabschieden, dass wir aufhören, uns nach einer Zeit zu sehnen, in der fleißige Wissenschaftler, geniale Ingenieure und kluge Politiker die Probleme für uns lösen. Wer seine eigene Kreativität darauf verwendet, das eigene Leben und das seiner Nächsten krisenfest zu machen, findet darin auch Zufriedenheit, und das gute Leben, auf das man am Ende stolz sein kann.

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