Von , 14.09.2011

85 Millionen Euro Steuergeld soll in Münsters Infrastruktur investiert werden, schreibt Stefan Bergmann in der MZ vom 11. 08.. Einen Grund zum Jubeln sähe ich, wenn dieses Geld in Bildung gesteckt würde. Genauer gesagt, gehören die Millionen m. E. am sinnvollsten für die radikale Verkleinerung von Schulklassen ausgegeben, damit aus Überzeugung engagierte Pädagoginnen und Pädagogen im staatlichen Auftrag die Erziehungsarbeit leisten können, die alleinerziehende Mütter und Väter neben ihrer Erwerbsarbeit gar nicht leisten können. Mit einer der jeweiligen Lebenssituation entsprechenden Förderung würde den Kindern beim Lernen geholfen, die von zu Hause keine breite Basis mitbringen.

Stefan Bergmann jubelt über 85 Millionen Steuergeld für eine breite Straße. Er nennt es ""eines der größten Verkehrsprojekte der Neuzeit in Münster" wenn "nach 44 Jahren Planung … die Bezirksregierung in diesen Tagen den vierspurigen Ausbau der Umgehungsstraße bis zum Schifffahrter Damm genehmigen" will.
Ich bin von seiner hammerharten Propaganda für den Straßenbau erschüttert. In welcher Parallelwelt lebt der Chefredakteur der Münsterschen Zeitung, dass ihm eine solche Bildunterschrift gelingt: "Kurz vor der Wolbecker Straße wird aus der vierspurigen Umgehungsstraße ein schmales Sträßchen"

Ein Straße wird zum Sträßchen, wenn es statt zwei in jede Richtung nur eine Fahrspur hat? Die Behauptung ist 1. falsch und 2. teuer. Die Bedeutung einer Straße wird man sinnvollerweise nicht an der Zahl der Fahrspuren festmachen sondern an der Menge der Fahrzeuge, die sie befahren. Da kein Fahrzeug die Umgehungsstrasse im heutigen Übergang von der Zwei- zur Einspurigkeit verlassen kann, muss die These wohl richtig sein, dass über die vierspurige Umgehungsstraße nicht mehr und nicht weniger Verkehr fließt als über die zweispurige. Wir haben es also nicht mit einer Straße und einem Sträßchen zu tun, sondern mit zwei Straßenvarianten, die die gleiche Transportleistung erbringen, wobei die zweispurige die eindeutig wirtschaftlichere ist.

Warum also überhaupt vierspurig? Damit man jederzeit überholen kann. Sobald eine Kolonne von Fahrzeugen von der Warendorfer Straße kommend die Zweispurigkeit verlässt, teilt sie sich in die Minderheit, die weiter die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit (70 km/h) auf der rechten Fahrspur einhält und die Mehrheit, die diese auf der linken Fahrspur überschreitet. Nicht von ungefähr bezeichnet man eine vierspurigen Straße auch als Schnellstraße!
Ich fände es gut, wenn Stefan Bergmann der Stadtöffentlichkeit über die MZ erklären würde, was ihn genau an dem möglicherweise in wenigen Wochen beginnenden 85 Millionen teuren Bau der Schnellstraße durch das Mauritzviertel so sehr begeistert, dass plausible, seit Jahrzehnten (!) vorgetragene Einwände in seinem Jubel-Artikel ganz und gar unerwähnt bleiben. - Arno Tilsner

(zum MZ-Artikel: http://www.muensterschezeitung.de/lokales/muenster/Stadt-will-vierspurigen-Ausbau-der-B-51-genehmigen;art993,1372870)

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