Von , 01.02.2012

Nachdem für einen Teil der OSMO Hallen eine akute (!) Einsturzgefahr begutachtet wurde, ist das Areal (ausgenommen Heaven) für alle Arten von Budenzauber gesperrt. Man kann sagen: im Hafen geht es im Sinne der Investoren voran. Der städtebauliche Sumpf einer herunter gekommenen Gewerbebrache wird bald trocken gelegt sein. An die Stelle des Mumpels treten adrette Häuserreihen an Löschteichen mit Einkaufszentrum und Parkplätzen. Die Blaupause für das, was kommen soll, kann man sich in anderen neu bebauten Stadtvierteln heute schon vor Augen führen.

Gegen die Monokultur dieser städtebaulichen Verdichtung stemmt sich zu Recht ein Bürger/Innen-Geist, dem es über die Hutschnur geht, dass jeder Quadratmeter im Stadtgebiet dem stets gleichen Prozedere unterworfen wird: wie kann man mit Hilfe innerstädtischer Quadratmeter aus einem Euro zehn Euro machen? Schuld sind die Investoren, die den Hals nicht voll bekommen.

Tatsächlich reicht es nicht, auf die Investoren auf der anderen Seite des Tisches zu zeigen. Nur ein paar Steinwürfe entfernt vom Hafen werden in Kürze Kettensägen, Planierraupen und Bagger anrücken, um die Umgehungsstraße auf Tuchfühlung an die Wohnungen des Mauritzviertels heran zu führen. Der Verkehr soll endlich vierspurig durch diesen Teil der lebenswertesten Stadt der Welt rollen.

Der einzige erkennbare Sinn der Vierspurigkeit liegt darin, dass in Zukunft jeder Fahrzeugführer individuell entscheiden kann, ob und wie weit er die Höchstgeschwindigkeit von 70 kmh überschreiten will. Diese Freiheit gibt es auf dem letzten zweispurigen Teilstück der Umgehungsstraße heute nicht. Ein Fahrzeugführer, der sich an die Höchstgrenze von 70 kmh hält, wird eine ganze Kolonne potentieller Raser hinter sich im Zaum halten. Ein unerträglicher Zustand - findet der Investor.

Umgehungsstraße Höhe Mauritzviertel Münster

Und wer ist der Investor? Straßen-NRW, eine Unterabteilung der rot/grünen Landesregierung. Heiliger Strohsack, verantwortlich für diesen größtmöglichen verkehrspolitischen Schwachsinn ist der "Investor in mir", denn ich habe die Grünen in diese Regierung gewählt.


Der Wahnsinn lässt sich kaum mehr stoppen, er geht weiter, denn er ist gegen das, was man früher Vernunft nannte, resistent. Wegen der vielen, schweren Unfälle, die die Raser verursachen - die Straßen-NRW auf dem letzten Stück Umgehungsstraße für 71 Millionen EUR erst noch entfesseln möchte - setzt die örtliche Polizei ab dieser Woche 14 Radar-Teams ein. Die führen Geschwindigkeitskontrollen durch, vor denen das quotengeile Lokalradio halbstündlich warnt, als seien es ungesicherte Unfallstellen und nicht jedes einzelne Team eine Investition in gesellschaftlich höchst notwendige Erziehungsarbeit. - Arno Tilsner

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