Von , 23.01.2013

Über die Entstehung einer fixen Idee

Es war eher Zufall, dass ich unserem Postboten ein paar Schritte entgegen ging, um die Post bei ihm am Wagen abzuholen. Zufall auch, dass ich sie auf dem Weg zurück schon mal grob sichtete und über die drei gleichen Beckmann-Kataloge den Kopf schüttelte. Es würde reichen, Uli einen zu schicken. Ich war nie der Herr des Gewächshauses und unsere Firma bestellt ohne ihre oder meine Entscheidung gar nichts. Deshalb brauchen weder ich noch die Firma einen eigenen Katalog. Ich legte Uli ihr Exemplar auf den Schreibtisch, die beiden zusätzlichen wanderten direkt ins Altpapier.

Wer sich mit Werbung auskennt, merkt vielleicht, dass Beckmann mich irgendwo schon am Wickel hatte bei so vielen Gedanken um ein Thema, dass mich eigentlich nicht (mehr) interessierte. Uli war gerade aus dem Haus, also holte ich mir ihr Exemplar, um es doch kurz durchzugucken. Zack, hing ich an den Hochbeeten fest und staunte, wie wuchtig das Thema mich packte.

Garten ist der Ort, an dem ich als Kind Überfluss kennen und lieben lernte. Wenn auch die monetäre Ausstattung der Familie bescheiden war, die Ernten aus dem Schrebergarten fielen Jahr für Jahr mehr als reichlich aus. Es waren Delikatessen aus heutiger Sicht. Mein Vater Kurt war ein Meister des Frühbeetes, der es verstand, Blattsalat derart kaskadierend anzubauen, dass das ganze Frühjahr über täglich Köpfe von erlesenster Qualität auf den Tisch kamen - so zart, dass einem die Blätter auf der Zunge zergingen. Schade, dass ich seine Kunst zu gärtnern nie vollumfänglich zu würdigen verstand. Ich hätte mir einiges abgucken können. Im Gegenzug hatte er ein so abgrundtiefes Misstrauen gegen meine Fähigkeit, auf dem freien Markt Geld zu verdienen, dass er sich bis zum Schluss beharrlich weigerte, einen Fuß durch die Tür unserer Firma zu setzen. Dabei war ich im Grunde auch nur eine Art Gärtner, der nicht Salat, Kohl, Obst, Blumen etc. wachsen und gedeihen ließ sondern na dann… als kultige Marke.

Im Zuge dessen hatten wir an der Schwelle zu diesem Jahrtausend die Idee , das Thema Gärtnern als Info-Edutainment ins Heft zu nehmen. Da wir nur über Inhalte schreiben, auf die wir uns verstehen, hatte Uli sich mit beharrlichem Eifer und gutem Erfolg in die Materie eingearbeitet. Zwei Gründe gab es, das Engagement nicht wie beabsichtigt öffentlich zu machen, es ab- statt auszubauen: 1. Traditionelle Gartenarbeit geht auf die Knochen, mit zunehmendem Alter mehr. 2. Der Krieg gegen die Wühlmäuse ist mit vertretbaren Mitteln auf dem Handorfer Sandboden nicht zu gewinnen. Also ist das Land heute einigen Maulwürfen mit vielen Haufen und einer unzählbaren Population von Wühlmäusen überlassen.

Beckmmann bringt mich auf die Idee, Beete auf eine angenehme Arbeitshöhe anzuheben und nach unten gegen Wühlmäuse abzusperren. So entstand in wenigen Minuten aus dem Nichts eine fixe Idee oder eine neue Perspektive. Mitte Mai werden wir wissen, was tatsächlich daraus gewachsen ist. - Arno Tilsner

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