Von , 29.05.2013

Als Andreas Degenkolbe in einer Diskussionsrunde der letzten Woche das politische rechts/links Schema vorgehalten wurde, bemerkte er lakonisch, dass Gier, Egoismus, Verantwortungslosigkeit etc. wie auch ihr Gegenteil seiner Beobachtung nach eher zu allgemeinen menschlichen Eigenarten gehören, die in jeder politischen Konstellation ihren Ausdruck finden können. Statt sie also Lagern zuzuordnen, wäre es hilfreicher, die unersättliche menschliche Gier über Parteigrenzen hinweg da anzusprechen, wo sie auftaucht.
Sein Hinweis war mir ein "Gefällt mir" wert. Darauf nehme ich hier Bezug, um über Tim Cook zu reden, der am Dienstag vor einer Woche einen Auftritt vor dem US-Senat hatte. Er sollte zu dem Umstand Stellung nehmen, dass Apple Inc. - eine der reichsten Firmen der Welt - rund 100 Milliarden Dollar oder 2/3 seines Barvermögens in Steueroasen geparkt hat, um Steuerzahlungen in den USA zu vermeiden.
Dazu verwendet man eine wissenswerte Konstruktion im Niemandsland zwischen amerikanischem und irischem Steuerrecht und die geht so: das Apple Management in Cupertino Kalifornien gründete eine Vertriebsfirma in Irland, die die von chinesischen Auftragsfertigern für Apple produzierten iPhones und iPads ankaufte, um sie sofort mit hohem Gewinnen an Apple-Gesellschaften in den Abnehmerländern weiter zu verkaufen. Geliefert wird aus China direkt zu den Abnehmern. Die Rechnung wird in Irland geschrieben. Bei der Frage, wo der Milliardengewinn versteuert wird, gilt nach irischem Recht der Ort, an dem die Firma gemanagt wird, also Cupertino. Nach amerikanischen Recht ist es Irland - der Ort, an dem die Firma zwecks Steuervermeidung gegründet wurde.
Apples Milliardengewinn wird also im Nirgendwo versteuert. Er lagert nach weiteren Metamorphosen als das angesprochene 100 Milliarden Dollarvermögen offshore vor den Küsten der USA.
Tim Cook hatte schon vor seinem Auftritt bei der Politik deutlich gemacht, dass man sich bei Apple vorstellen kann, die Gewinne heim zu holen, natürlich nur zu weitaus günstigeren Steuersätzen als sie z. Zt. für amerikanische Unternehmen gelten.
Bei dem Steuer-Leck in Irland handelt es sich allerdings um mehr als ein amerikanisches Problem. Ich habe für die nur in Münster verbreitete na dann… für den Raum Münster Werbeanzeigen auf facebook geschaltet und prompt eine Rechnung aus Dublin bekommen, wohin auch gezahlt worden ist. Ein klassischer Fall, in dem Leistungen, die früher in der Region zu Steuerzahlungen führten, nun am Fiskus vorbei erbracht werden.
Ein - wie ich finde - unerträglicher Fall von Wettbewerbsverzerrung, der unverzüglich abgestellt gehört, zumal Irland auch noch für die Rettung seiner insolventen Banken deutsche Steuerzahler/innen in Anspruch nimmt. - Arno Tilsner

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