Von , 11.12.2013

Arno TIlsner

Arno Tilsner

„Die grüne Forderung nach "Tempo 50 auf der Umgehungsstraße" ersetzt Nachdenken durch Ideologie“ schrieb Ruprecht Polenz hier vor einer Woche.


Wir haben nicht nur nachgedacht, wir haben auch experimentiert. Das Experiment liegt schon anderthalb Jahre zurück und wurde an einer Kreisstraße zwischen Füchtorf und Versmold durchgeführt. Draußen war es so frühlingswarm, dass man auf einem Hof 30 Meter von der K51 entfernt gerne im Freien saß. In dieser Lage gehört es sonntags zur Landlust dazu, von den vorbeifahrenden Ausflüglern heftig beschallt zu werden.

Mich interessierte, ob unser gerade in Dienst gestellter als ‚zero Emission’ (ZE) beworbener Elektro-Kangoo einen Beitrag zur Verringerung der Lärmemission im ländlichen Raum leisten kann, und also düste ich für eine Hörprobe mit der auf Landstraßen vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit vorbei. Fazit: der angeblich emissionsfreie Kangoo ist bei 100 km/h keinen Deut leiser als ein traditionelles Fahrzeug mit Explosions-Motor, weil bei höherer Geschwindigkeit die Roll- und Windgeräusche den Motorlärm bei weitem übertreffen.

Daraus die zweite Schlussfolgerung: wenn man Verkehrslärm für Anwohner/innen von Straßen wirkungsvoll verringern will, dann geschieht das am schnellsten und kostengünstigsten durch Geschwindigkeitsreduzierung.
Weder deutsche Autofahrer/innen noch die deutsche Autoindustrie liest diese schlichte physikalische Wahrheit gerne. Tatsächlich ist die Sache aus Studien über hunderte Autobahn- und Schnellstraßen-Kilometer bekannt und bis zur letzten Stelle hinter dem Komma von Experten vermessen.

Die Überlegung der Grünen zur Verkehrsberuhigung auf der Umgehungsstraße setzt also unmittelbar bei den Verursacher/innen des Lärms an. Das muss man nicht gut finden, aber man sollte es auch nicht in der öffentlichen Diskussion als Ideologie bezeichnen. Zunächst einmal ist es konsequent. Der Vorschlag von Herrn Polenz, aus Steuergeldern einen aufwendigen Lärmschutz zu installieren ist auch konsequent: er hält die Autofahrer/innen als Lärm-Verursacher von Konsequenzen frei und gibt stattdessen die exorbitanten Kosten des Lärmschutzes über Steuergelder der Allgemeinheit auf.

Nicht alle Bürgerinnen und Bürger fahren Auto, aber alle sollen bezahlen, um sich vor dem Auto-Lärm zu schützen? Mehr noch: durch den vierspurigen Ausbau des letzten Stückes der Umgehungsstraße wird die Durchschnittsgeschwindigkeit der vorbeifahrenden Autos steigen und näher an die Wohnungen herangeführt. Wenn man über den Sachverhalt nachdenkt, erkennt man in den Positionen von Grünen und CDU zwei ganz unterschiedliche Konzepte von Stadt- und Verkehrsentwicklung. Im nächsten Jahr haben die Bürger/innen in Münster zwischen diesen grundverschiedenen Ansätzen wieder die Wahl. - Arno Tilsner

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