Von , 11.06.2014

Ruprecht Polenz

Na dann regiert mal schön.

Na dann regiert mal schön. Die Wählerinnen und Wähler haben gesprochen. Jetzt müssen die Parteien aus dem Ergebnis etwas Gutes für Münster machen. 72 Sitze zählt der neue Rat, der bis 2020 (!) im Amt ist: CDU (25), SPD (19), Grüne (14), FDP (4), Linke (4), Piraten (2), AfD (2), ÖDP (1), UWG-MS (1). Die Mehrheit liegt bei 37 Sitzen.


CDU und FDP sind noch ein paar Sitze weiter von dieser Mehrheit entfernt als nach den letzten Wahlen. Aber auch für SPD und Grüne hat es nicht zur Mehrheit gereicht. Es fehlen vier Stimmen. Das hat bei rot-grünen Strategen zu der Überlegung geführt, zunächst eine feste Allianz zwischen SPD und Grünen zu schmieden. Weil dann "gegen rot-grün NICHTS GEHT." Die fehlenden vier Stimmen wollen sich SPD und Grüne später mal bei der FDP und mal bei den Linken besorgen. Je nach dem. Wie sich´s gerade machen lässt.

Das ist nicht zu Ende gedacht. Spätestens bei der Verabschiedung des Haushalts muss diese Mal-hüh-mal-hott-Politik scheitern. Denn wenn während des Jahres rot-grüne Entscheidungen für die FDP nicht tragbar waren, so dass die Linken vorübergehend ins rot-grüne Boot geholt wurden - warum sollte die FDP einem Haushalt zustimmen, der genau für die von ihr abgelehnten Entscheidungen Geld vorsieht? Umgekehrt gilt für die Linke natürlich dasselbe. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich FDP oder Linke mit der Rolle eines Lückenbüßers für rot-grün zufrieden geben.

Nein - da werden SPD und Grüne schon über ihren Schatten springen und entweder mit den Linken oder mit der FDP eine feste Koalition eingehen müssen. Um den Preis, den beide kleine Parteien dafür jeweils verlangen, können sich SPD und Grüne nicht herumdrücken. Freilich verschiebt der jeweilige kleinste Partner auch die politische Achse zwischen SPD und Grünen. Deshalb ist es wohl nicht so einfach, sich als "rot-grüne Allianz" ENTWEDER für die Linke ODER für die FDP zu entscheiden.

Eine rot-grüne Allianz, weil dann gegen SPD und Grüne nichts geht - das ist keine Antwort auf die Herausforderungen, vor denen die Kommunalpolitik in Münster steht. Bis 2020 reicht es nicht, dass NICHTS GEHT im Rathaus. Wir sind darauf angewiesen, dass in Münster ETWAS GEHT: bei der Sanierung von Schulen, bei einer weiteren innerstädtischen Gesamtschule, bei preiswertem und innenstadtnahem Wohnraum, bei neuen Arbeitsplätzen, bei der Energiewende, bei der Flüchtlingspolitik, bei der Westtribüne des Preußenstadions, bei der Kulturförderung und bei vielem anderen mehr.
Der Wählerauftrag an die Parteien ermöglicht stabile Mehrheiten für einen solchen Kurs. Freilich müsste sich die CDU als stärkste Fraktion dafür zu einer konstruktiven, partnerschaftlichen und gleichberechtigten Zusammenarbeit mit den Grünen bzw. der SPD bereit erklären. Der CDU würde das gewiss manchen für die Partei schmerzhaften Kompromiss abverlangen.

Koalitionen zwischen CDU und SPD gibt es im Bund, in einigen Bundesländern und in vielen Kommunen. Mit den Grünen koaliert die CDU in Hessen und in etlichen Kommunen. Wie man hört, funktioniert die Zusammenarbeit gut. Warum soll das in Münster nicht möglich sein? (Schließlich ist der hessische Landesverband der CDU ein ganzes Stück konservativer als die CDU in Münster). Ich sehe jedenfalls in Sachfragen keine unüberbrückbaren Gegensätze.

"Suchet der Stadt Bestes", heißt es in der Bibel (Jeremia 29,7). Aber man muss sich nicht auf die Bibel berufen, um den ins Rathaus Gewählten klarzumachen, dass der Wählerauftrag NICHT heißt: erst die Partei, dann die Stadt.

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