Von , 18.06.2014

Andreas Degenkolbe

Andreas Degenkolbe

Neu in Ihrem Kino: Angela "Kubrick" Merkels "Der Pferdeflüsterer". Dieser Politthriller erscheint in "Duoscope" - in jeweils einer Version für Bundestags- und Kommunalwahlen.


Die Story bundesweit ist schnell erzählt: Pferdeflüsterer von der CDU redeten dem Wähler vor der Bundestagswahl solange öffentlich ein, mit welchen Ponies der politische Kontrahent nicht koalieren dürfe - bis es sogar die SPD selbst glaubte. Eine Koalition mit der Linken wurde vorab also ausgeschlossen, der Weg für eine Große Koalition geebnet. Das Drehbuch wurde werktreu umgesetzt, das demokratische Regulativ der Opposition so klein wie möglich gehalten. Damit das so bleibt, gleichen sich die Inhalte der Koalitionspartner immer mehr an, Scheingefechte inklusive.

Da sich Pferdeflüsterer auf dem Jahrmarkt gerne ein Zelt mit Wahrsagern teilen, war es einfach, dem Wähler einzureden, man wüsste ja schließlich aus der Glaskugel genau, was er wolle.

Die kommunale Variante des bunten Streifens sieht ähnlich aus: in der letzten Woche redete Pferdeflüsterer Ruprecht "Redford" Polenz an dieser Stelle den Wählern ein, die SPD wollte mit den Grünen gemeinsam - anstatt in eine Große Koalition zu gehen - zu einzelnen Sachfragen mit jeweils anderen Kleinparteien Mehrheiten bilden, mit der Absicht, "ohne sie selbst ginge nichts".
Als Hauptkritikpunkt führte er die Handlungsfähigkeit der Politk an, speziell bei der Haushaltsentscheidung würde es sonst schwierig.

Schwierig ist aber nicht gleichbedeutend mit schlecht. Wichtige politische Entscheidungen sind stets schwierig, verlangen fortwährende Diskussion. Das Gegenteil wäre ein hastiges Durchwinken aller Projekte, bei Ausschaltung der Opposition.

Entscheidungen haben übrigens immer mit dem Haushalt zu tun, denn jede einzelne bedeutet die Verteilung von Hafer.
Wir wissen nicht, was "der Wähler" in Münster will - was er nicht will, aber schon: Totalherrschaft, sonst hätte er sich auch einen König vor die Nase setzen lassen können.

Im Gegensatz zur Bundes- und Landesebene arbeiten auf der kommunalen Rennbahn nämlich keine Berufsjockeys, die nach Fraktionsdruck reiten, sondern einzelne Bürgervertreter, die unentgeltlich, nur für eine lächerliche Aufwandsentschädigung, nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden. Mit wechselnden Mehrheiten. Das Ergebnis der Kommunalwahl ruft danach, der Föderalismus ohnehin. So ist die Überlegung von SPD und Grünen also bürgernah.

Denn so manches Projekt, das zugunsten von (mehr oder minder parteinahen) Investoren in der Vergangenheit blitzschnell durchgewunken wurde, muss nun diskutiert werden. Lieber länger und öfter darüber streiten, als ohne Verzögerung Unfug anstellen.

Aus Bürgersicht ist positiv zu bewerten, dass auch die Stimmen berücksichtigt werden, die im Falle einer Großen Koalition im Grundwasser versickerten. Das nennt sich Demokratie und sollte sich inzwischen bis zur letzten Ranch herumgesprochen haben.

Auch wenn die CDU in Münster dann seltener den Hafer verteilen darf, sollte man nicht schmollen. Zuerst kommt der Bürger, dann erst der eigene Stall. So ist das nun mal im Pferdesport.

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