Von , 20.08.2014

Ruprecht Polenz

Ruprecht Polenz

Langsam verschwinden die Berge durchnässter Möbel, Kleidung und Kisten auf den Bürgersteigen. Die Sperrmüllabfuhr legte vergangenes Wochenende die letzte Sonderschicht ein. Seit der Regenflut haben sie täglich 1000 (!) Mal mehr Sperrmüll abgefahren als sonst an einem normalen Tag. Das ging nur mit Hilfe von auswärts.


Wie so Vieles nur mit fremder Hilfe ging in den letzten Tagen: Keller leerpumpen, Hab und Gut bergen, die Verwüstungen beseitigen, die die Regenfluten angerichtet haben. Es gab diese fremde Hilfe in großartiger Weise: von Nachbarn und Freunden, aber auch von wildfremden Menschen, die mit angepackt haben. Koordiniert über Facebook hat beispielsweise die Initiative „Regen in Münster“ über 2000 private Helfer mobilisiert, die vor Ort in über 3000 Einsätzen geholfen haben. Der Krisenstab der Stadt um Oberbürgermeister Markus Lewe hat rund um die Uhr gearbeitet, um Hilfe zu organisieren und noch Schlimmeres zu verhüten.

Andere haben durch Spenden dazu beigetragen, die Not besonders hart Betroffener zu lindern. Über 450.000 € kamen bisher zusammen. Es gab ein Punk-Rock-Solidaritätskonzert mit Smile and Burn, Radio Havanna, Mr. Irish Bastard und dem Pittsburger Quartett Anti-Flag in der Sputnikhalle. Die kompletten Einnahmen des mit 700 Gästen ausverkauften Abends werden zugunsten der Opfer der Regenflut gespendet. Unternehmen wie Hengst-Filterbau richteten einen Fonds in Höhe von 25.000 € ein, um besonders geschädigten Mitarbeitern unbürokratisch zu helfen. „Eine spätere Rückzahlung sei nicht erforderlich“, so die Firma.

Trotz dieser beeindruckenden Münsteraner Hilfs- und Spendenbereitschaft lässt sich der eingetretene Schaden in Höhe von mehr als 300 Millionen Euro nur etwas lindern und nicht im Entferntesten ausgleichen. Daran ändern auch die 5 Millionen € Soforthilfe nichts, mit denen die Stadt Münster inzwischen über 4.400 Haushalten schnell und unbürokratisch geholfen hat.

Aber emotional kann diese gegenseitige Hilfsbereitschaft der Münsteraner nicht hoch genug eingeschätzt werden. In der Not nicht allein gelassen zu werden – Menschen in Not beizustehen und helfen zu können: diese Erfahrungen werden wir in Münster nicht vergessen. In der Not der Regenmassen mit den „größten Zerstörungen in Münster seit dem 2. Weltkrieg“ (OB Lewe) haben die Menschen in Münster zusammengehalten. Aus diesem Zusammenhalt können wir für die Zukunft Kraft schöpfen. Alle Fraktionen im Rat haben Oberbürgermeister Lewe für seinen Einsatz in dieser Krise gedankt. Vielleicht auch ein Signal für mehr Gemeinsamkeit, wenn es um existentielle Zukunftsfragen unserer Stadt geht.

Nachsatz: Beim nächsten Kommentar in drei Wochen kann ich hoffentlich darüber schreiben, dass sich inzwischen auch die Ministerpräsidentin unseres Landes ein eigenes Bild vom Ausmaß der Kathastrophe in Münster gemacht hat.

Archivtexte Presseausweis

Beiträge 2014