Von , 29.04.2015

Stefan Bergmann

Stefan Bergmann

Im Jahr 1998 gab es eine kleine Revolution in Münster. Sie betraf den Kern des Bürgertums, nämlich Ordnung und Sicherheit. Ein Mitglied der Grünen, Hubert Wimber, wurde Polizeipräsident. Zum ersten Mal bundesweit traute man einem Grünen - damals noch mindestens als Vaterlandsverräter und Steinewerfer beäugt - ein solches Amt zu. Konservative Kreise in Münster machten sich Sorgen um die Sicherheit, bundesweit sprangen Zeitungen auf das Thema an. Ein Grüner als Chef einer Polizeibehörde - kann das gutgehen? Nun, fast 17 Jahre später, kann man feststellen: Es ist gutgegangen. Im Sommer wird Wimber in den Ruhestand verabschiedet.


Cannabis wurde nicht durch eine lex monasteria legalisiert. Sondern in verbrauchertypischen kleinen Mengen genauso toleriert wie in der restlichen Republik. Die Castoren, die nach Ahaus rollten, erreichten ihr Ziel. Leider auch einige Nazi-Horden, die Münster in den Jahren überfielen, aufmarschierten - und dabei von der Polizei geschützt werden mussten - Meinungsfreiheit gilt leider auch für solche, die die Meinungsfreiheit als erstes abschaffen würden, kämen sie ans Ruder.

Wimber hat weder die Hoffnungen manch grüner Fundis erfüllt, noch die Befürchtungen der Konservativen. Und doch zeigt seine Präsidentschaft - er wird jetzt von einem parteilosen Düsseldorfer abgelöst - einige Besonderheiten. Die Castoren kamen seinerzeit nach Ahaus einige Tage früher als angekündigt. Und die ganzen Sitzblockierer schafften es nicht, rechtzeitig zum Protest da zu sein. Wie beleidigte Leberwürste schlugen sie auf Wimber ein, fühlten sich um ihren Protest betrogen. Dabei hatte der Atomkraftgegner Wimber nur gemacht, was er vorher gesagt hatte: Dass die Polizei besseres zu tun habe, als Castoren zu schützen. Und hat so vermutlich viele Scharmützel zwischen Castor-Gegnern und Polizei vermieden.

Und dann das Gras. Er wollte die Kiffer entkriminalisieren, die so gesparte Arbeitskraft der Polizei anderweitig investieren. Doch das machten selbst rot-grüne Landesregierungen nicht mit. Wimber wurde immer wieder geschuriegelt für seine Äußerungen. Das alles ändert aber nichts daran, dass er im grünen Spektrum ein echter Realo ist, kein Klassenkämpfer, kein Öko-Aktivist, kein Träumer. Und dass er seinen Job gut macht.

Selbst CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers erkannte dies, und ließ ihn im Amt. Doch auch das gehört zur Person Wimber: Als er beim Radfahren dort erwischt wurde, wo man es nicht durfte, schwieg er tagelang. Keine Entschuldigung kam über seine Lippen, nichts. Die Grünen und ihre bisweilen gezeigte moralische Überheblichkeit - ein schwieriges Thema.

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