Von Stefan Bergmann, 04.12.2024

Die Empörung ist subtil ...

... sie lungert zwischen den Zeilen, blitzt mal hervor, springt die Leser*innen mal an: Wie kann es sein, dass die Stadt, obwohl 2020 beschlossen, noch immer keinen Plan hat, wie sie bis 2030 klimaneutral sein kann?

Das Dokument, um das es geht, stammt aus dem Februar 2024. Die Grünen berichten auf ihrer Website über einen Bürger, der in der Ratssitzung die Frage stellt, warum Münster eigentlich den Ratsbeschluss „missachtet“ und sich noch nicht auf den Weg gemacht hat. Hôni soit qui mal y pense: Dieser Einwurf kam den Grünen gerade Recht, man könnte fast denken: Er sei bestellt. Die Grünen sprangen auf, bezichtigten den Oberbürgermeister des Nichtstuns und drang auf Tempo.

Man wollte alles, und alles auf einmal: Bestandsaufnahme, Maßnahmenplan, Monitoring, einen eigenen Klimahaushalt. Im Dezernat des Oberbürgermeisters wurde folglich eine Stabsstelle Klima eingerichtet.

Und so musste es scheitern. Alle waren plötzlich zuständig, also hatte niemand den Hut auf. Das Thema versickerte. Es wurde totbürokratisiert. Und die Grünen hatten schnell einen Schuldigen: Der OB. Wie immer. Was kann der eigentlich? *Ironie off*

Dabei hätte es so einfach sein können. Andere Städte machen es vor. Denn sie setzen dort an, wo die Entscheidungen getroffen werden: Im Stadtrat. Huch! Plötzlich wird deutlich, wie stark jeder einzelne Ratsbeschluss das Klima belastet. Jeder Neubau eine kleine Klimakatastrophe.

Beispielsweise der auch von den Grünen herbeigesehnte Ausbau des Wienburg-Sportparkes. So beraten im November. Ein Kunstrasenplatz statt Naturrasen? Ja bitte! Ein neues Gebäude mit Duschen, Lagern, Personalräumen? Aber natürlich! Darf es noch etwas mehr sein? Straßenbau, Freiraumgestaltung, eine riesige Flutlichtanlage. Bitteschön! Willkommen im Reich des Münster-Gold-Standards, der so gerne beschlossen wird bei vielen Projekten. Weil man es sich wert ist.

Nicht falsch verstehen: Der DJK Grün Weiß Marathon hat das alles verdient. Doch wenn unter den Ausführungen der Verwaltung stünde: CO2-Emmission aufgrund des Neubaus: 5000 Tonnen CO2 (und das dürfte niedrig gegriffen sein) - dann merkt vielleicht auch die Politik, dass sie im Zielkonflikt sitzt. Sie ahnte das wohl und hat das Klimathema dann einfach nach oben wegdelegiert - um dann wohlfeil schimpfen zu können ob der angeblichen Untätigkeit der Verwaltung.

Jede neue Straße, jede neue Kita, jeder Sportplatz, jedes neue Denkmal, jedes autofreundliche Verkehrsregelung, jeder Verbrenner-Bus, jedes neue Südbad treibt die Emissionen nach oben. Das ist Fakt. Wollte man das minimieren, wäre Bescheidenheit angebracht. Aber das ist - mit Verlaub - keine Tugend Münsters. – Stefan Bergmann

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