Von , 10.06.2015

Stefan Bergmann

Stefan Bergmann

Die Debatte um eine mögliche Tempo-30-Versuchszone in der Innenstadt zeigt vor allem eins: Es gibt Themen, die kann man einfach nicht vernünftig diskutieren, ohne dass die Ideologen die Diskussion vergiften.


Das, was in den vergangenen Tagen so alles geäußert wurde, legt den Schluss nahe: Münster wäre zum Stillstand verdammt. Dass der ADAC sich dagegen ausspricht, ist völlig klar. Dieser Auto-Lobbyisten-Verein fordert ja noch immer freie Fahrt für freie Bürger auf den Autobahnen - und das, wo das gesamte (!) Europa zeigt, dass Tempo 130 auf Autobahnen ganz wunderbar funktioniert. Frankreich nagt nicht am Hungertuch, bloß weil man zwischen Paris und Bordeaux nicht mit 200 rasen darf. Ins Kleine übersetzt nach Münster klingt das dann so: Der Handel macht Minus, weil die Bürger mit ihren Autos möglichst schnell bis vor die Ladentür fahren wollen. Der Verkehr kommt zum Erliegen, weil alle viel zu langsam um die Ecke schleichen. Alle Auswärtigen kaufen ab sofort und konsequent nur noch in anderen Städten ein, wenn die Polizei es wagen sollte, Tempo 30 zu kontrollieren.

Ach so, ja, da war noch was: Es gibt vermutlich 22 Prozent weniger Unfälle, weniger Verletzte, weniger Tote, weniger Blechschäden, weniger Abgase.
Aber das ist ja alles nebensächlich, irgendwie. Hauptsache freie Fahrt für freie Bürger. Der Widerstand gegen alles, was des Autofahrers unbegrenzte Freiheit in Münster einschränkt, ist so vorhersehbar und deswegen ermüdend. Was gab es für krude Gegenargumente, als auf den Hauptstraßen wie Weseler oder Albersloher Weg die Höchstgeschwindigkeit dreisterweise von 70 auf 50 reduziert wurde? Der Untergang des Abendlandes (mindestens!) stand unmittelbar bevor. Und, einige Jahre später, ist was passiert? Nichts. Nur dass es weniger Unfälle gibt. Und das, mit Verlaub, ist das einzige Argument, das wirklich Schlagkraft hat. Alles andere ist Ideologie.

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