Von Carsten Krystofiak, 18.03.2020

Wir fragen nach… beim Pumpenhaus-Leiter Ludger Schnieder und beim Gentleman-Kabarettist Carsten Höfer

Wie erleben Münsters Kulturschaffende, Künstler*innen und Klein-Gastronom*innen den Shutdown des öffentlichen Lebens? Stehen sie vor dem Nichts oder haben sie einen Plan B? Wie gehen sie persönlich mit der Krise um?

Wir fragen nach… beim Pumpenhaus-Leiter Ludger Schnieder

Ist das Pumpenhaus in seiner Existenz bedroht?

Ludger Schnieder

Ehrlich gesagt, zählen wir nicht direkt zu den akut Betroffenen, denn wir erhalten als Kultureinrichtung ja Fördermittel. Im Bereich der subventionierten Theater decken die Einnahmen aus Eintrittsgeldern ohnehin nur 15 bis maximal 30 Prozent der Kosten. Wir bluten, aber noch nicht so schlimm. Extrem prekär ist die Lage aber für alle, die keine städtischen, Landes- oder
Bundesmittel bekommen, wie die Solokabarettisten. Bei denen kommt es natürlich auch auf die Liga an, in der sie spielen. Ein Mario Barth braucht keine Finanzhilfe, der braucht nur einen guten Steuerberater.


Euch droht also nicht das Aus?

Wenn sich diese Krise nicht bis weit in die zweite Jahreshälfte zieht, denke ich, wir kriegen das irgendwie gerockt. Bei der Kollegin vom Boulevard-Theater, die auf Einnahmen angewiesen ist, sieht das ganz anders aus. Da wird es nötig sein, auch von städtischer Seite Verdienstausfälle abzufedern. Aber was setzt man da an? Die Problemlage bei den Einzelnen ist so bunt, wie die Kulturlandschaft selbst. Da ist die Verwaltung gefragt.

Und euer Personal?

Wir haben nur 3,5 feste Stellen, das kriegen wir hin. Problematisch ist der Schwarm der vielen Freelancer und 450-Euro-Kräfte, die daran hängen. Ich entwickele aktuell verschiedenen Szenarien und Strategien, mit denen wir sicherstellen können, dass die weiter ihre Miete zahlen können.

Wie geht’s weiter?

Die gesellschaftliche Situation ist sehr komplex und die Frage: Wie gehen wir damit um? Am besten ehrlich und realistisch.

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Wir fragen nach… beim Gentleman-Kabarettist Carsten Höfer

Willst Du ein Interview über die Kultur-Katastrophe durch Corona führen?

Klar, ich hab’ ja jetzt Zeit für sowas … (lacht bitter) Am 8. März hatte ich meinen letzten Auftritt. Am Freitag, dem 13. kamen die Absagen Schlag auf Schlag. Der März ist aber der wichtigste Monat, weil ich jetzt das Geld verdienen müsste, um über die Sommerpause zu kommen. Momentan rotiere ich mit Veranstaltern und Kulturämtern und versuche, die Termine zu verschieben. Aber selbst wenn ich die Auftritte auf den Herbst verlegen kann, fallen sie nun effektiv als Einnahmequelle aus.

Das heißt: Es kommt kein Geld mehr an.

Jetzt gehen im Netz schon Postings herum wie ›Können Künstler eigentlich Hartz IV beantragen?‹«

Der Geldhahn ist zu. Da helfen mir auch meine Merchandising-Produkte wie Bücher und CDs nichts, weil die hauptsächlich bei den Auftritten gekauft werden. Jetzt gehen im Netz schon Postings herum wie ‚Können Künstler eigentlich Hartz IV beantragen?‘. Ich bin nun darauf angewiesen, dass das Finanzamt seine Forderungen erstmal aufschiebt.


Was bedeutet das für die Kleinkunst?

In der Szene ist die Stimmung momentan katastrophal. Mit meiner Kollegin Irmhild Willenbrink und dem Team von Impro 005 trete ich normalerweise dreimal monatlich im Kreativhaus auf. Das ist wie ein kleines Festgehalt, das jetzt wegfällt. Aber nicht nur viele Künstler, auch viele kleine, mit viel Liebe geführte private Bühnen, die ohne öffentliche Fördermittel arbeiten, leben von Monat zu Monat und wissen jetzt nicht, wie es weitergeht.

Erwartest Du einen Kahlschlag in der Kleinkunstszene?

Das kommt auf die Dauer an. Wenn sich die Lage nach Ostern wieder entspannt, werden es die meisten Künstler und Theater mit einem dicken blauen Auge überstehen. Wenn nicht, wird es einen Kahlschlag geben.

Du trittst auch auf Kreuzfahrtschiffen auf. Da hast Du ja nochmal Glück gehabt …

Das kannst du laut sagen. Ich war über Weihnachten und Silvester noch mit der Aida nach Singapur und Asien unterwegs. Am 4. April hätte es von Dubai nach Griechenland gehen sollen. Natürlich bekomme ich dafür keine Ausfallentschädigung. Ich verstehe diese 20seitigen Verträge sowieso nicht. Aber immer noch besser, als wenn ich jetzt auf einem Schiff in Zwangsquarantäne festsäße.

Glaubst Du, dass es – wie versprochen – Unterstützungen von der Politik geben wird?

Ich fürchte, dass damit zunächst große Unternehmen gerettet werden und die Kleinkunst ganz zuletzt, wenn überhaupt. Aber man muss nun abwarten, bis sich der erste Rauch gelegt hat und man die Lage wieder überschauen kann. Als Kabarettist darf ich natürlich den Humor nicht verlieren – aber die Hoffnung ist auch wichtig.

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