Zeitzeichen
Von Carsten Krystofiak, 19.04.2017
In dieser Woche vor 72 Jahren... rollten Panzer auf den Prinzipalmarkt.
Am 8. Mai kapitulierte das Dritte Reich. In Münster war der Zweite Weltkrieg schon Ostern aus. Die Panzerarmee des britischen Feldmarschalls Montgomery näherte sich aus Richtung Nienberge der Innenstadt.
Bei Wilkinghege pfiffen den Tommys Gewehrpatronen um die Ohren: Ein Durchhaltefanatiker hatte einem Trupp Hitlerjungen befohlen, die englischen Panzer mit Karabinern anzugreifen, damit den Parteibonzen in ihren Dienststellen noch eine halbe Stunde länger blieb, um belastende Akten zu verbrennen. Von den Jugendlichen überlebte keiner. Auch drei deutsche Eisenbahner wurden erschossen, weil sie wegen ihrer schwarzen Uniformen von den Engländern irrtümlich für SS-Männer gehalten wurden.
Dann wälzten sich die Panzerkolonnen durch die Schuttwüste zum Prinzipalmarkt. Eine Schülerin schrieb in ihr Tagebuch: „Die Oberrichkeit floh und die Adlerie ergab sich.“ Innerhalb des Promenadenringes hausten nur noch 17 Familien in den Ruinen. Münsters „Gauleiter“ erschoss sich nach mehrtägiger Flucht durchs Weserbergland im Wald.
Münsters Infrastruktur war vollkommen zerstört: Kein Stromnetz, keine Heizung, keine geregelte Lebensmittelversorgung, keine Straßen, kein gar nix. Der Oma-Spruch: „Es gab ja nichts, wir hatten ja nichts“ war nackte Realität. Experten rechneten mit einer Dauer von drei Jahrzehnten für den Wiederaufbau. Unvorstellbar, dass nur zehn Jahre später schon das Leben wieder pulsierte.
NEU IM BUCHHANDEL ab 30.09.: Carsten Krystofiak: Mord im Münsterland – 20 True-Crime-Stories (münstermitte Medienverlag)