Von Carsten Krystofiak, 28.06.2017

In dieser Woche vor 126 Jahren... flog die Fälschung auf.

Gartenstraße statt Wohlstandsparadies: Endstation des kreativen Fälscher-Duos.

Es war eine internationale Top-Nachricht: Die Welt der Wissenschaft staunte über einen spektakulären Fund aus Münster! In einem Hotel am Alten Steinweg war der Jahrhundertfund ausgestellt: Ein Buch aus dem Privatbesitz Martin Luthers, das ein Meisterschüler von Albrecht Dürer angefertigt haben sollte. Das Werk war mit Elfenbein und Silber verziert und angeblich zufällig im Geheimfach eines Schrankes aus dem Kloster Bevergern entdeckt worden. Aus England und Russland kamen Kaufgebote in astronomischer Höhe. Der Finder – ein Kneipenwirt – sah sich schon als Millionär.


Doch dann zerplatzte die Blase: Das Buch war nicht über vierhundert Jahre alt, sondern erst kürzlich in einer Fälscherwerkstatt an der Rothenburg/Ecke Königsstraße entstanden. Das erste Indiz lieferte die Signatur: „Heinrich Aldegrever und Brüder“, doch der Dürerschüler Aldegrever hatte nur einen einzigen Bruder, wie der sachkundige Direktor des Paulinums bemerkte.

Der Schwindel flog dann durch Zufall auf: Ein Graveurlehrling erkannte das Werk und sagte aus, selbst daran mitgearbeitet zu haben – er beschuldigte seinen Meister, einen Kupferstecher von der Rothenburg.

Unter großem Gedränge fand im Juni der Prozess vor dem Landgericht statt. Das Urteil: Je neun Monate Haft in der Gartenstraße für den Fälscher und seinen Kneipenwirt-Komplizen. Das beschlagnahmte Buch ist verschollen und existiert vermutlich nicht mehr.

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