Von Carsten Krystofiak, 03.04.2019

In dieser Woche vor 96 Jahren... ...war die Promenade (nicht) in Gefahr.

Wer das Gerücht in die Welt gesetzt hat, ist unbekannt.

Die Zeiten waren schwer: Nachkriegs-Chaos, Hyperinflation, Wirtschaftskrise. In dieser Lage tauchte das Gerücht auf, der Stadtrat wolle alle Bäume auf der Promenade abholzen, um die Stadtkasse aufzubessern. Die Lokalzeitung „Münsterscher Anzeiger“ berichtete alarmierend über den angeblich geplanten Kahlschlag, ein allgemeiner „#aufschrei“ war die Folge. Sofort wurden prominente Fürsprecher geworben, um ein gutes Wort für den Erhalt der Bäume einzulegen. Der bekannte Schriftsteller Thomas Mann („Die Buddenbrooks“) ließ sich nicht lange bitten. Er schrieb in einem Leserbrief: „So oft ich Münster besuchte, was freilich nur im Winter geschah, habe ich diese Baumgänge bewundert und mir ausgemalt, wie prächtig ein sommerliches Lustwandeln unter ihrem Laubgewölbe sein muss ... Der Wunsch, kommenden Geschlechtern einen gesunden Baumbestand zu übermachen, ist gut und edel, aber auch das gegenwärtig Lebende hat sein Recht... Man möge sich beim Aufräumen unter den noblen alten Burschen an das halten, was wirklich ‚fällig‘ ist, das aber, was noch in Saft und Kraft steht, zur Freude Münsters und seiner Gäste fortgrünen lassen, so lange es mag.“ Die Stadtverwaltung konnte den Irrtum aufklären und die Promenade durfte ungestört „fortgrünen“.


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