Von Carsten Krystofiak, 17.06.2020

In dieser Woche vor 8 Jahren… wurde die Wagnerianerin umgebettet.

Aus der Villa wurde sozialer Wohnungsbau in Toplage.

An der Rudolf-von-Langen-Straße im Kreuzviertel stand auf einem Grundstück mit einer riesigen Platane eine alte, graue Villa. Das halb verfallene Haus reichte rückwärtig direkt an die Promenade zwischen Kreuztor und Coerdeplatz. Vor dem Krieg sah das Haus bedeutend prächtiger aus, wurde aber durch Bomben beschädigt und 1949 nur notdürftig wieder aufgebaut. In der spooky Villa hauste die Witwe Irmgard B., die ein großes Herz für Musik hatte: Sie war nicht nur Vorsitzende der Wagnerfreunde Münsters, sondern vermietete ihre Zimmer für wenig Geld an Musiker aus dem Orchester des Stadttheaters, die bei ihr ungestört üben durften. 2012 starb Irmgard B. an zunächst unklarer Todesursache. Ihre Todesanzeige enthielt kein Sterbedatum. Die Villa wurde planiert und ein Neubau mit maximaler Verdichtung des Grundstückes errichtet. Für die Vermarktung ließen sich Erben und Maklerin etwas Ungewöhnliches einfallen: Die Mietverträge wurden öffentlich versteigert. Die Auktionatorin akzeptierte Gebote ab 20 Euro/qm. Das Interesse war jedoch nur mäßig. Nach der Beisetzung von Irmgard B. bemerkte man plötzlich, dass diese irrtümlich im falschen Grab bestattet worden war. Die Verstorbene wurde exhumiert und in die richtige Grabstätte umgebettet.


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