Zeitzeichen
Von Carsten Krystofiak, 22.12.2021
In dieser Woche vor 187 Jahren…
…wurde der erste Weihnachtsbaum aufgestellt.
Der Weihnachtsbaum ist eigentlich ein lutherischer Brauch aus dem Elsass und spielte in katholischen Gegenden keine Rolle. Als Westfalen 1815 ans Königreich Preußen fiel, brachten protestantische Preußen den Brauch ins Münsterland, obwohl die katholische Kirche heftig dagegen wetterte.
Zehn Jahre später staunte Annette von Droste-Hülshoff während eines Adventsbesuches bei einem Onkel in Ostwestfalen über eine mit Äpfeln und Papierrosen geschmückte Tanne im Wohnzimmer. Die exotische Dekoration inspirierte die Dichterin: Neun Jahre darauf setzte sie durch, dass zum Weihnachtsfest auch auf der elterlichen Burg Hülshoff bei Roxel ein Weihnachtsbaum aufgestellt wurde. Der Hauslehrer hängte Sterne aus Goldpapier an die Zweige. Annette hielt die Szene in einer kleinen Zeichnung fest: Unter dem geschmückten Baum spielen die vier Kinder ihres Bruders Werner. Die Skizze ist der älteste Beleg für einen Christbaum im Münsterland.
Private Nachahmer fand der neue Trend kaum, dafür galt er als zu exzentrisch. Aber Münsterländer Landgasthöfe setzten um die Jahrhundertwende auf den Weihnachtsbaum als Marketing-Maßnahme. Das Singen unterm Baum und Plündern von Obst und Gebäck von den Zweigen wurde zum Family-Event. Erst nach dem Ersten Weltkrieg setzte sich der Tannebaum im Heim durch – über 80 Jahre nachdem der erste Weihnachtsbaum des Münsterlandes auf Burg Hülshoff aufgestellt wurde.
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