Von Carsten Krystofiak, 11.05.2011

In dieser Woche vor 7 Jahren...

... wurde Münster nicht Kulturhauptstadt.

Die Mitgliedsländer der EUdSSR pflegen den netten Brauch, reihum eine Stadt zur »Kulturhauptstadt Europas« zu erheben. Die erkorene Stadt wird gefeiert und genießt viele Geldgeschenke.
Aber die Kriterien sind sehr streng und zahlreich. Nach dem Wälzen des Anforderungskataloges war man sich im Rathaus sicher: Münster kann alle Bedingungen spielend erfüllen: Geschichte, Architektur, Bedeutung für Europa – alles abgehakt. Aber Punkt IV: »Verbesserung der stadtspezifischen Kulturförderung«. Was sollte das nun wieder heißen?
Also wurden nur noch solche Projekte gefördert, die als unabdingbar für den Kulturhauptstadt-Titel angesehen wurden. Weil sich das herumsprach, pochte jeder DoKo-Club auf seine große Bedeutung für eine Kulturhauptstadt und beantragte Gelder...

Von 16 Bewerbern flogen 13 aus dem Rennen. Köln, Essen und Münster blieben übrig. Die euphorischen Münsteraner wurden von einer warmen Welle des Wir-Gefühls ergriffen und hatten den Titel mit dem Herzen schon gewonnen. Im Kölner Kulturbetrieb arbeitete sogar eine Untergrundbewegung von Exil-Münsteranern unter dem Namen »Kommando Jan van Leyden« subversiv an der Sabotage der Kölner Bewerbung.

Das Ende kam eiskalt: Die fünf Jurymitglieder des NRW-Kulturministers wählten einstimmig Essen. Ein Schock! Tausende Münsteraner in den roten Kampagnen-Shirts vor dem Rathaus, bereit in Jubel auszubrechen, schlichen gedemütigt nach Hause. Und viele Kulturförderanträge landeten im Papierkorb.

Foto der Wiedertäufer-Käfige

Als Trostpflaster bekam Münster den Titel »Lebenswerteste Stadt der Welt«, der aber nur mäßig über diese Niederlage hinwegtrösten kann.


Wir geben euch gleich Kultur und Geschichte! Hier wäre noch Platz für die Mitglieder der Kulturhauptstadtjury gewesen! Ausgerechnet Essen - pfff!!

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