Von Carsten Krystofiak, 21.12.2011

In dieser Woche vor 1 Jahr...

...verschwand Kristoffer Bernzen.

Kristoffer Bernzen hatte Grund zum Feiern: Schließlich hatte er seine letzte Examensklausur glücklich hinter sich gebracht. Außerdem stand Heiligabend vor der Tür. Morgens um fünf verließ er die Atelier-Bar und machte sich auf den weiten Weg nach St. Mauritz.
Am Ring versuchte er, ein Taxi zu rufen. Aussichtlos, bei dem Schnee.

Der verschwundene Student mobilisierte nicht nur zahlreiche Rettungskräfte, sondern auch die kollektive Empathie der Münsteraner

Bernzen kam nie zuhause an. Sein spurloses Verschwinden löste eine kollektive Anteilnahme in Münster aus. Freunde und Fremde kopierten Zettel mit Suchaufrufen, starteten Kampagnen in sozialen Online-Netzwerken und verabredeten sich im Internet zu Suchaktionen am vereisten Kanalufer. Jeder Schneehaufen im Ostviertel wurde durchstochert. Das Schicksal des vermissten Studenten ließ niemanden kalt.


Die Polizei unternahm Tauchgänge unter dem Eis des Kanals. Spektakulär, aber ohne Erfolg. Als Bekannte Bernzens am Neujahrstag einen seiner Schuhe im Wasser fanden, wurde die Befürchtung zur Gewissheit. Doch auch ein Sonarboot konnte den Körper des Studenten nicht aufspüren. Alles wartete auf die Schneeschmelze.

Mit jeder weiteren Woche wuchs die Woge der Teilnahme von Münsteranern und Medien – bis die entnervte Familie um Zurückhaltung bat. Das tragische Unglück war inzwischen ein überregionales Nachrichtenthema geworden.

Ende Januar stellte die Polizei nach fünf Wochen die Suche offiziell ein. Drei Tage später entdeckte ein Jogger den Toten am Wilhelmshavenufer in den Kanalfluten. Endlich Zeit für Trauer...

Der verschwundene Student mobilisierte nicht nur zahlreiche Rettungskräfte, sondern auch die kollektive Empathie der Münsteraner.

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