Von Carsten Krystofiak, 11.04.2012

In dieser Woche vor 67 Jahren...

wurde Marga Spiegel befreit.

Marga Rothschild aus Hessen wollte 1933 Physik studieren. Die Nationalsozialisten ließen sie nicht; sie war Jüdin. Statt zur Uni ging sie zum Standesamt und heiratete den Pferdehändler Siegmund Spiegel. Als Frau Spiegel ging sie mit ihm in seine Heimatstadt Ahlen in Westfalen.
Die Bedrohung wurde immer gefährlicher. 1938 kam ihr Vater ins KZ und kehrte nicht mehr zurück. Doch Siegmund Spiegel sorgte vor: Er nutzte seine Kontakte als Pferdehändler, um bei Bauern im südlichen Münsterland mögliche Verstecke zu sondieren. 1939 war es soweit - die Familie entging nur knapp der Deportation.

Darstellerin und Vorbild. Heute ist Zivilcourage leichter zu praktizieren, als für andere das Leben zu riskieren.

Nun begann ein jahrelanges Katz- und Maus-Spiel im Untergrund. Fünf münsterländer Bauernfamilien gelang es über 27 Monate, die Spiegels auf ihren Höfen vor dem Zugriff der Nazis zu schützen.


1944 wagt Marga Spiegel ein riskantes Spiel: In Münsters ausgebombter Stadtverwaltung ermogelt sie sich neue Papiere, die sie als arisch ausweisen.
Ostersonntag 1945 sind die Amis da. Das Verstecken hat ein Ende. Marga Spiegel, ihr Mann und ihre Tochter sind die einzig Überlebenden von 37 Verwandten. Die Familie bleibt im Münsterland, Siegmund Spiegel baut einen neuen Pferdehandel auf. Die Bauernfamilien wurden vom Staat Israel geehrt. Marga Spiegel lebt bis heute in Münsters Innenstadt. 2009 wurden ihre niedergeschriebenen Erinnerungen verfilmt, mit Veronica Ferres und Armin Rhode in den Hauptrollen. Die in diesem Jahr Hundertjährige begleitete die Aufnahmen am Set.

Darstellerin und Vorbild. Heute ist Zivilcourage leichter
zu praktizieren, als für andere das Leben zu riskieren.

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