Von Carsten Krystofiak, 18.04.2012

In dieser Woche vor 93 Jahren...

erschoss Dietz seine Tochter.

Münsters Geschichte ist reich an Originalen. So ein Typ war auch Polizeihauptwachtmeister Dietrich, genannt »Dietz« Niehues aus der Liboristraße.

Der 2-Meter-Koloss hatte in »Klein Muffi« (Herz-Jesu-Viertel) das Sagen. Viel hatte er nicht zu tun: Mal einen Ferkeldiebstahl aufklären, mal Suffköppe durch Tritte in den Hintern aus einer Kneipe werfen. Also schob Dietz einen lauen Job. Er »inspizierte« regelmäßig Kleingärten und Kneipen und ließ seinen Diensteifer gerne mit einer Einladung zum Schnaps oder Essen bremsen.
Bei den Bauern schaffte er es, rein zufällig immer dann dienstlich aufzutauchen, wenn gerade Schlachttag war. Nach reichlicher Bewirtung gondelte er selig nach Hause oder »kontrollierte« noch eine Kneipe. Bei den Malochern und Masematte-Hegels von Klein-Muffi war Dietz wegen seiner unkonventionellen Art und körperlichen Durchsetzungskraft gleichermaßen gefürchtet und beliebt.

Wurde in Klein-Muffi ein Schwein aus dem Garten gestohlen, war das ein Fall für den selten nüchternen Polizisten Dietz.

Doch dann das Drama: Mitten im Viertel wurde die Prostituierte Fine Deiters erstochen aufgefunden. Den Mörder konnte Dietz mit seinen Methoden nicht überführen. In der Nacht auf den 18. April war Dietz gegen Mitternacht mal wieder von einer Kneipenkontrolle besoffen nach Hause gekommen. Um zwei Uhr schlich sich seine 12jährige Tochter Gertrud ins Haus, die von ihrem heimlichen Freund kam und warf im Dunkeln einen Eimer um. Dietz schreckte hoch und feuerte einen Schuss auf den vermeintlichen Einbrecher. Ein zweiter Schuss, der sich versehentlich löste, traf die Tochter tödlich.


Wurde in Klein-Muffi ein Schwein aus dem Garten gestohlen, war das ein Fall für den selten nüchternen Polizisten Dietz.

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