Von Carsten Krystofiak, 15.08.2012

In dieser Woche vor 64 Jahren...

kam es in Münster zum Preis-Protest.

Die Währungsreform lag erst ein paar Wochen zurück. Mit Einführung der neuen D-Mark war es mit Lebensmittelkarten und Schwarzmarkt endlich vorbei. Die Geschäfte waren wieder voll. Doch schon gab es Ärger:

Lohn halbiert; Preise gleich geblieben - an was erinnert das bloß...?

Fast fünfzehntausend wütende Münsteraner versammelten sich auf dem Servatiiplatz und protestierten gegen die hohen Lebensmittelpreise. Die Wut richtete sich gleichermaßen gegen die Einzelhändler und die Wirtschaftspolitik. »Hausfrauen, zahlt keine Wucherpreise!« stand auf Plakaten und »Wo bleibt die Preisreform?«


Hintergrund: Es gab zwar neues Geld, aber noch keine Aufhebung alter Preisbindungen. Während einerseits ein Lohnstopp galt, orientierten sich die Preise aber an der alten Währung. (Kommt das jemandem von der Euro-Einführung bekannt vor?)
Zudem stieg die Arbeitslosigkeit durch Flüchtlinge aus der »Ostzone« und die Entlassung vieler Scheinbeschäftigter, die nur angestellt waren, um Lebensmittelmarken zu bekommen.

Die Gewerkschaften hielten sich allerdings auffallend zurück. Münsters DGB-Chef warnte sogar vor einem Kaufboykott. Die Besonnenheit hatte einen simplen Grund: Die Streikkassen der Gewerkschafter waren leer...

Im weiteren Verlauf des Jahres regulierte sich das System allmählich und die Sache kam in Schwung. Trotzdem blieben die Preise ein Reizthema. Noch drei Jahre später wurden Münsters Hausfrauen sogar offiziell aufgerufen, kein Fleisch mehr zu kaufen, bis die Preise endlich gesenkt würden.

Lohn halbiert; Preise gleich geblieben - an was erinnert das bloß...?

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