Von Carsten Krystofiak, 02.12.2015

In dieser Woche vor 23 Jahren... schwieg das Maschinengewehr.

In dieser Woche vor 23 Jahren... schwieg das Maschinengewehr.

Volle Deckung! Das MG Gottes spuckte Predigten statt Patronen.

Johannes Leppich aus Fulda wirkte in der Not der Nachkriegsjahre als Seelsorger in Kiezen, Knästen und Kaschemmen der Großstadtränder. Hier das Evangelium zu predigen war für ihn »Nahkampf« und »die Drecksarbeit Gottes«. Darum war ihm klar: »Ich muss an Leute herankommen, die keinen Weihrauch mehr riechen können und in keine Kirche gehen«.
Also predigte Leppich auf der Straße.


Unermüdlich reiste er durch die Bundesrepublik und schimpfte auf »christliche Spießer« und »religiöse Blindschleichen«, denn das Evangelium war für ihn »kein Schlafmittel, sondern Dynamit!«. Seine Stakkato-Tiraden machten ihn als »Maschinengewehr Gottes« überregional bekannt. Er war sich nicht zu schade, sich mit der Polizei anzulegen, wenn er mal wieder keine Versammlungsgenehmigung hatte oder seine Redezeit überzog. War Leppich einmal in Fahrt, konnte ihn niemand mehr bremsen.

Er zog Massen an wie ein Popstar. Vor bis zu 40.000 Zuhörern tobte er gegen »ein verfettetes Christentum« und gleichermaßen gegen Kommunismus. Dabei sammelte er waggonweise Sachspenden und Millionen D-Mark für sozial Schwache, von denen es in der Nachkriegszeit reichlich gab.

Nach einem Herzinfarkt musste er seine Predigt-Touren jedoch einstellen. Schwer angeschlagen zog er sich in das Haus Sentmaring der Jesuiten in Münster zurück, wo er ziemlich vergessen Anfang der Neunziger verstarb.

Volle Deckung! Das MG Gottes spuckte Predigten statt Patronen.

Fr. 8. Januar 2016, 20 Uhr
Landesmuseum Domplatz
Münstergeschichten mit
Carten Krystofiak live!

Archivtexte Zeitzeichen

Carsten Krystofiak Carsten Krystofiak

Beiträge 2015