Zeitzeichen
Von Carsten Krystofiak, 23.03.2016
In dieser Woche vor 52 Jahren... wurde das Finanzamt bürgerfreundlich.
In dieser Woche vor 52 Jahren... wurde das Finanzamt bürgerfreundlich.
Früher war das Finanzamt auf viele Gebäude in der ganzen Stadt verteilt. Die Finanzkasse befand sich an der Lotharinger Straße. Dort hing im Treppenhaus ein Portrait des Oberfinanzpräsidenten, mit dem ermahnenden Satz, dass das Finanzamt für den Bürger da sein solle und nicht der Bürger für das Finanzamt.
Ein junger Mitarbeiter nahm sich den Spruch tatsächlich zu Herzen. Bei seinem Vorgesetzten regte er an, auf Mahnungen den höflichen (und später überall üblichen) Zusatz zu drucken: „Sollte sich Ihre Zahlung mit diesem Brief überschnitten haben, betrachten Sie die Mahnung als gegenstandslos.“
Trotz des Hohngelächters der Kollegen zeigte er seinen Vorschlag dem Behördenleiter.
Der Chef war hoch beglückt über die Eigeninitiative des Angestellten und ordnete die rasche Umsetzung des Vorschlages an.
Der junge Mann erhielt außerdem eine Sonderzahlung von 50 D-Mark - im Jahr 1964 eine stattliche Reisekasse für die Osterferien.
Doch das war noch nicht alles: Kurz darauf traf eine persönlich unterzeichnete Belobigungsurkunde des Landesfinanzministers aus Düsseldorf ein.
Die neue Höflichkeitsformel wurde auch von anderen Finanzämtern übernommen.
Damit waren die „Steuereintreiber“ auf dem Weg zum modernen Bürgerservice ganz weit vorne. Die Beliebtheit der Behörde hat aber auch das nicht gesteigert...
Trotz Höflichkeits-Offensive: Wirklich freundlich ist das Finanzamt bis heute nicht...
Münsters Zeitzeichen-Serie aus der na dann...
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