Von Carsten Krystofiak, 28.09.2011

In dieser Woche vor 47 Jahren...

...bekam Münster die erste Tankstelle.

Ausgerechnet im Inflationsjahr 1923 gründete der Industriekaufmann Wilhelm Albert in Münster ein Sauerstoffwerk mit dem Westfalenpferd im Firmenzeichen. Im Rathaus war man davon gar nicht begeistert. Man wollte Industriebetriebe lieber fernhalten »von den feinsinnigen Mittelpunkten der Verwaltung und Wissenschaft, denn Lärm und Rauch sind die Feinde geistiger Sammlung«.

Die rasant wachsende Zahl der Automobile brachte Albert auf eine neue Geschäftsidee: Tankstellen. Nach zwei »Bürgersteigpumpen« an der Lippstädter Straße entstand am Kalkmarkt die erste Zapfsäule, aus der der Kraftstoff »Westfalin« getankt wurde.

Münsters erste Tanke am Kalkmarkt. Noch ganz ohne Verkauf von Chips, Bier und Zigaretten. Aber schon mit 24-Stunden-Service.

Die Tankstelle stieß nicht nur auf Gegenliebe: Der Provinzialkonservator schrieb einen empörten Behördenrundbrief: »Neuerdings wachsen Betriebsstoffpumpen wie Pilze aus der Erde! Mit ihren knalligen Farben, ihren auffallenden Beschriftungen und den wenig schönen Umrissformen verunzieren sie die Landschaft auf das Gröblichste! Schreitet das Übel weiter fort, kann es eine verheerende Wirkung im Stadtbild hervorrufen! Dem muss mit allen Mitteln entgegengewirkt werden! Neben einer Kirche, dem Rathaus, einem Brunnen oder einem Denkmal darf die Aufstellung einer Betriebsstoffpumpe überhaupt nicht zugelassen werden!«


Die Behördenmitarbeiter verstanden: 45 Anträge für Tankstellen wurden abgelehnt. Doch als Preußen das Tanken auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten und an Sonntagen erlaubte, war der Siegeszug der Autos nicht mehr aufzuhalten.

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