Zeitzeichen
Von Carsten Krystofiak, 22.02.2012
In dieser Woche vor 63 Jahren...
tanzte Münster in den Trümmern
Bei Kriegsende war Münsters Altstadt innerhalb der Promenade zu 90 % zerstört. Trotz der Verwüstung war die Feierlaune einiger Überlebender unverwüstlich. Schon am 11.11. 1945 nahmen die ersten Karnevalsgesellschaften, die bereits vor dem Krieg bestanden hatten, ihre Vereinsarbeit wieder auf - inmitten von verkohlten Ruinen.
Doch erst zum Rosenmontag 1949 lebte die Karnevalstradition wieder richtig auf.
Der Münsteraner »Mekki« Reuter wurde zu »Prinz Max II. von Friedonesien« gekürt. Der Titel war eine Anspielung auf den populären Karnevalsschlager »Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien«. Damit war die »Tri-Zone« gemeint, das Territorium der drei westalliierten Besatzungszonen in Westdeutschland. Das Lied wurde der Hit des Jahres und zeitweise so etwas wie die inoffizielle westdeutsche Nationalhymne. In dem Text heißt es: »Die alten Zeiten sind vorbei, ob man da lacht, ob man da weint, die Welt geht weiter, eins zwei drei. Ein kleines Häuflein Diplomaten macht heut‘ die große Politik. Sie schaffen Zonen, ändern Staaten, doch was ist hier mit uns im Augenblick?«
Im Augenblick wollten die Menschen feiern, dass sie noch lebten. So proklamierte Prinz Max auf dem noch völlig zerstörten Prinzipalmarkt die Karnevalssaison. Mangels Material konnte ein Umzug nicht stattfinden. Doch trotzdem ging es in den wenigen wiedereröffneten Lokalen ziemlich hoch her. Münster tanzte in den Trümmern. Augenzeuge und Karnevalsaktivist Willy Eichel erinnert sich: »Es herrschte ein unbeschreiblicher Drang nach Leben, menschlichem Miteinander und unbeschwerter Kreativität.«
1949 heißt es Helau statt Heil Hitler, aber hier kommt nicht der Rosenmontagszug, sondern die Trümmerbahn.
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