Von Carsten Krystofiak, 21.05.2014

In dieser Woche vor 110 Jahren...

eröffnete das Café Kreuzschanze.

Das XX. Jahrhundert war erst vier Jahre alt, als am Kreuztor das mondäne Café-Restaurant »Zur Kreuzschanze« eröffnete. Die Gastronomie war im Erdgeschoß eines Jugendstilpalastes im Pariser Stil, mit Eckturm, Dachreitern und zahllosen Stuck-Schnörkeln.

Neben den Delikatessen wie »Illustrierte Gurke« für 1 Reichsmark 25 oder der beliebten Kreuzschanzen-Bierplatte (1,60 RM) war die Attraktion der Location ein Monumentalgemälde des Künstlers Wilhelm Mohrmann. Es zeigt auf 3 x 3,50 Metern die Rückeroberung des Wiedertäuferreiches durch bischöfliche Truppen, die 1535 eben an der Kreuzschanze begann.

Kreuztor, Ecke Rudolf-von-Langen-Straße: Was britische Bomber nicht schafften, erledigten Nachkriegs-Architekten...

Den Zweiten Weltkrieg überstand das Gebäude ohne nennenswerte Schäden. 1961 eröffnete der Münsteraner Manfred Gronneck in dem ehemaligen Restaurant die erste Discothek der Stadt und nannte sie »Kontiki«. Der Clou: Der Eintrittspreis wurde nach Dauer der Anwesenheit berechnet: 1 Minute für 1 Pfennig. Münsters Jugend war begeistert – Nachbarn und Ordnungsamt weniger. Die Anliegerwohnung vermietete Gronneck an einen Studenten namens Udo Lindenberg.


Nach kurzer Zeit musste die Disco wegen anhaltender Beschwerden schließen. Bald darauf fiel das markante Eckhaus dem architektonischen Vandalismus der Nachkriegszeit zum Opfer. Die Immobilie hätte heute einen sagenhaften Wert. An ihrer Stelle entstand ein gesichtsloser Appartementblock mit Supermarkt.

Kreuztor, Ecke Rudolf-von-Langen-Straße:
Was britische Bomber nicht schafften, erledigten Nachkriegs-Architekten...

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