Zeitzeichen
Von Carsten Krystofiak, 11.02.2015
In dieser Woche vor 47 Jahren...
protestierten Narren gegen Nutten.
Der Rosenmontagszug nimmt traditionell lokalpolitische Themen aufs Korn. Im Jahr 1968 war es ein besonders pikantes:
Ein doppelter Motivwagen zeigte die Salzstraße (stellvertretend für die Innenstadt) und die Lippstädter Straße (für das Südviertel) - verbunden durch einen symbolischen »Pfad der Tugend«. Über dem Südviertel-Wagen, auf dem eine Prostituierte posiert, steht: »Wann schafft Ihr hier die Bienen fort?« und über der Salzstraße: »Hier fegt Ihr am falschen Ort«.
Der Reim war an die Stadtreinigung adressiert.
Hintergrund war die Ausbreitung der Straßenprostitution im Südviertel; ausgehend von der Lippstädter Straße, übergreifend auf die Engel-, Hafen- und Südstraße bis zum Dahlweg.
Ein Aufregerthema in der Stadt! Die Wutbürger machten Druck auf die Stadtverwaltung, mit dem »Dirnen-Unwesen« aufzuräumen. Mit Erfolg: Die Innenstadt wurde schließlich zum Sperrbezirk erklärt und die »Bordsteinschwalben« an die Peripherie verfrachtet - zum Industrieweg und zur Siemensstraße.
Ab den 1980er Jahren ging der »öffentliche Personen-Nahverkehr« hier deutlich zurück, das Gewerbe verschwand zunehmend in Appartements und Clubs. Erst mit der Einwanderung osteuropäischer Fachkräfte wurde die »sündige Meile« wiederbelebt - sehr zum Unbehagen der Anwohner, die nun sommertags wegen lauter nächtlicher Preisdiskussionen über erhebliche Belästigung klagen.
Paohlbürger vs. Prostituierte: Von den Straßen des Südviertels wurde das Horizontalgewerbe hinter die Halle abgeschoben.
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