Page 5 - pixelbook KW 48/2022
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 na dann... 48/2022
kinokritiken 5
    Grump
(mex) Grummel, grummel, grummel. Der alte Mann (Heikki Kinnunen) ist in der Mitte einer End-Life-Krise und alles andere als gut drauf. Die Frau gestorben, die Söhne verkorkst, dem Bruder entfremdet. Und jetzt wird auch noch sein roter 72er Ford Escort ver- schrottet. Wie gut, dass es das Internet gibt. Da findet sich tatsächlich noch ein baugleiches Exemplar im fernen Hamburg. Pelzmüt- ze auf, Bargeld in den Kof- fer und ab nach Deutsch- land. Doch in der Fremde läuft dann alles ganz anders als geplant und das ist in diesem Falle einmal ein großes Glück... Erneut eine kauzige Komödie von Mika Kaurismäki („L.A. without a Map“, „Eine Nacht in Helsinki“) in der sich diesmal wirklich alles märchenhaft zum Guten kehrt. Eigentlich zu gut um wahr zu sein – trotzdem unterhaltsam.
109´ Schloßtheater
Servus Papa, see you
in Hell!
(sirk) "Ich will auch in die Sex-Kommune" verlangt ein Dorfjugendlicher von der 14-jährigen Jeanne nach dem Beischlaf, "wo kann ich mich anmelden?" Jeanne (Jana McKinnon), die seit dem zweiten Lebensjahr in der Kommune "AAO - Akti- onsanalytische Organisati- on" um den österreichischen Künstler Otto Muehl lebt, war kurz zuvor aus eben die- ser geflohen. Sie hatte sich in den 16-jährigen Jean (Leo Altaras) verliebt, was der ei- fersüchtige und manchmal übergriffige "Papa Otto" (Clemens Schick) streng verbietet. Zweierbeziehung sind "der Ursprung alles Bösen", so die Hippie-Uto- pie der kleinen Hof-Ge- meinschaft aus den 1980er Jahren, die von Christopher Roth in den 90 Minuten zuvor als eine Art sommer- liche Sekten-Soap mit einer großen Portion Coming-of- Age Kitsch verklärt wird. Dabei basiert diese Fiktion auf den Erinnerungen der realen Jeanne, der heuti- gen Schauspielerin Jeanne Tremsal, die im Film ihre eigene Mutter verkörpert.
116´ Cinema
Echo
(sirk) "Einsatzfähig, wenn auch nur mit geringem Be- lastungspotenzial" heißt es zu Beginn für die Kriminal- kommissarin Saskia Harder (Valery Tscheplanova) nach ihrem Bildungseinsatz in Afghanistan. Wie passend, dass nur wenig später Personal für eine Moor- leiche im beschaulichen Friedland (Drehort u.a. Dülmen) gesucht wird. Ihr Empfangskomitee besteht aus einem überambiti- onierten Dorfpolizisten (Andreas Döhler), einem exzentrischen Adligen, einer Moor-Expertin (Ur- sula Werner) sowie einer vermeintlich scharfen Weltkriegsbombe. Klingt nach einer Provinzklamot- te. Ja, nicht ganz, denn die aus Borken stammende Regisseurin Mareike We- gener fügt das teils wirre Konstrukt zu einem fin- tenreichen Provinzkrimi zusammen und garniert das Geschehen mit einer großen Portion Mystik (sie- he Titel Echo) und Surrea- lismus. Sehenswert.
103´ Cinema
nur noch Mittwoch, 30.11.
Bones and All
(jonny) Es gibt einen guten Grund, warum der Vater von Maren Yearly seine Tochter auch mit siebzehn Jahren noch in ihrem Zimmer einsperrt. Im-
mer wieder gab es in der Vergangenheit Zwischen- fälle, bei der Maren ihre kannibalistische Neigung ausleben wollte. Nach ihrem 18. Geburtstag lässt er seine Tochter allerdings endgültig ziehen, die nun das erste Mal vollständig auf sich allein gestellt ist. Auf der Suche nach ihrer leiblichen Mutter trifft Ma- ren tatsächlich auf gleich- gesinnte junge Menschen, die ihre perverse Neigung teilen. Insbesondere Lee (Timothée Chalamet) hat es Maren angetan und
bei den beiden knistert es gewaltig... Regisseur Luca Guadagnino erzählt eine Coming-of-age Geschichte, bei der sich nachdenkliche Momente mit verstören- den Horrorszenen abwech- seln. Die ungewöhnliche Mischung funktioniert, nicht zuletzt wegen der hervorragenden Schau- spieler.
131´ Cinema

















































































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