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 na dann... 28/2023
kinokritiken 5
    Alma & Oskar
(sirk) Wien, kurz vor dem ersten Weltkrieg: Alma
ist unzufrieden. Ihr Mann Gustav Mahler interessiert sich mehr für seine Mu- sik als für seine Ehefrau. Und ihre Ambitionen als Komponistin finden kaum Gehör. Als durch einen Zu- fall ihre Affäre mit dem Ar- chitekten Walter Gropius auffliegt, stirbt ihr Mann. Aber in der Wiener Kunsts- zene gut vernetzt, lernt die hübsche Alma schnell je- manden neuen, und zwar den expressionistischen Maler Oskar Kokoschka kennen. Er soll ein Porträt von ihr anfertigen. Oskar ist fortan fasziniert, eine leidenschaftliche Affäre entsteht, bei der unter- schiedliche Lebensentwür- fe aufeinanderprallen. Re- gisseur und Drehbuchau- tor Dieter Berner bebildert brav Almas Affären. Emily Cox gibt sich große Mühe in der Rolle der ambitio- nierten Alma, alle anderen Figuren, Erzählweise und Atmosphäre jedoch blei- ben so blass wie ein guter Fernsehfilm. Schade.
89' Schloßtheater
Die Purpursegel
(mex) Als Raphael nach dem Ersten Weltkrieg in sein Heimatdorf zurückkehrt, findet er auch dort eine veränderte Welt vor. Seine geliebte Frau ist während seiner Abwesenheit unter unklaren aber verhängnis- vollen Umständen verstor- ben. Um die gemeinsame Tochter Juliette, die er bei der Heimkehr zum ersten Mal sieht, kümmert sich die ältere Witwe Adeline auf einem etwas abgelegenen Hof. Raphael, ein einfacher Mann, zugleich ein talen- tierter Handwerker, findet mit Adelines Hilfe langsam ins Leben zurück. Und auch wenn er ein störrischer Ein- zelgänger bleibt, und von den Dorfbewohnern arg- wöhnisch gemieden wird, auf dem Hof führt er ein zufriedenes Leben. Dafür sorgt in vorderster Linie die große Liebe zu Juliette, die nach und nach erwachsen und zum Zentrum dieses wunderbaren filmischen Märchens des italienischen Regisseurs Pietro Marcello („Martin Eden“) wird... Gro- ßes Kino, bei dem in gran- diosen Bildern wahrhaft Wunder geschehen.
105' Cinema
20.000 Arten von
Bienen
(mex) Für alle ist Anas Jüngs- tes (Sophia Otero) ein Junge. Das 8jährige Kind trägt den Namen Aitor und der wird zunehmend zu einer schwe- ren Last. Der Spitzname ist Coco, aber auch das trifft die Sache nicht richtig. Das Kind lässt sich die Haare wachsen, es kleidet sich vor- zugsweise wie ein Mädchen und tauscht seine Boxerba- deshorts auch einmal gerne gegen die kleine Badehose einer Freundin. Beim Heran- wachsen versucht es seine sexuelle Identität zu ergrün- den und zu verstehen und hadert dabei mit der Rolle, die ihm von der Umgebung zugeschrieben wird. Aber auch die Familie wirkt von der Situation zunehmend überfordert. Estibaliz Urre- sola Solaguren bringt mit ihrem großartigen Spiel- filmdebüt, einem wahren Meilenstein der Empathie, die Komplexität der indivi- duellen Identitätsfindung eines jungen Menschen auf den Punkt. Für Sophia Otero gab es auf der Berlinale den Bären für die beste schau- spielerische Leistung.
129' Cinema
Die Unschärferelat-
ion der Liebe
(mex) Was hat denn die Liebe mit der Quantenphy- sik eines Werner Heisen- bergs zu tun? Auf jeden Fall gibt es wohl einen gemeinsamen Nenner beim Versuch, einzelne Eigenschaften eines Gan- zen exakt bestimmen zu wollen. Das geht eindeutig nicht ohne titelgebende Unschärfe. In Lars Krau- mes (Der Staat gegen Fritz Bauer, Der vermessene Mensch) Adaption des Theaterstücks „Heisen- berg“ (Simon Stephens) stellen Sekretärin Greta (Caroline Peters) und Metzger Alexander (Burk- hart Klaußner) dieses Dilemma unter Beweis. Sie, die anstrengende Ner- vensäge, er, der verschwie- gene Stoiker. Beide auf ihre Art absolut unberechen- bar... Ein Darstellerpaar der Extraklasse in einer wunderbar-entspannten romantischen Komödie aus Berlin..
92' Schloßtheater


















































































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