Page 8 - pixelbook KW 02/2022
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8 kinokritiken (mehr unter www.nadann.de/rubriken/kino/filmsuche/)
na dann... 02/2022
Bad Tales - Es war
einmal ein Traum
(sirk) Irgendwo in Rom. Sen- gende Sommerhitze in einer sterilen Reihenhaussied- lung. Als wahre Geschichte, die wiederum auf einer Lüge basiert, kündigt der Erzähler das Geschehen an. Es herrscht eine rätselhafte Beklommenheit. Der Erzäh- ler, der sich nicht vorstellt, spricht mit der Stimme eines Erwachsenen. Er fin- det im Altpapier das Tage- buch eines kleinen Mäd- chens und führt es selbst zu Ende. Beispiel gefällig: Zwei Väter sitzen da, schauen auf die Frau des Nachbarn, flüs- tern sich Vergewaltigungs- fantasien ins Ohr. Ein ande- rer Vater masturbiert unge- stört hinterm Haus und sein Sohn guckt zu. So wie die gerade mal 10-jährigen Kinder dieses Films immer alles sehen und erleben müssen: Die schon blas- sen blauen Flecken auf der weiblichen Haut oder die Schläge und Tritte eines Vaters auf seinen Sohn in einem versperrten Auto. Gewalt-, Unterschicht- und Kinderpornografie. Bin raus nach 40 Minuten. Schnell vergessen.
98´ Cinema
Schwestern - Eine
Familiengeschichte
(bouda) Zhora lebt seit 30 Jahren mit einem Trauma, ihr gewalttätiger Vater entführte einst ihren Bru- der nach Algerien, seit- dem gibt es keinen Kon- takt mehr. Dann erleidet der Vater der drei Schwes- tern einen Schlaganfall, wie lange er noch zu leben hat, weiß niemand. Die Schwestern wittern eine letzte Chance, von ihrem Vater Hinweise auf den Verbleib ihres Bruders
zu erhalten. Es wird eine schmerzhafte Begegnung mit der eigenen Vergan- genheit. "Schwestern" ist eine bewegende und ein- fühlsam erzählte Familien- geschichte.
100´ Cinema
Ein Festtag
(sirk) Der vorletzte Tag im März des Jahres 1924. In England wird der "mothe- ring day" gefeiert, wobei es auch in England an diesem Tag, wenige Jahre nach dem Ende des ersten Weltkrieges, wenig zu feiern gibt. Viel- leicht nur durch die Haus- angestellten, die an diesem Tag wie üblich frei haben. Eines dieser Hausmädchen ist Jane (Odessa Young), die bei den wohlhabenden Nivens (Olivia Coleman, Colin Firth) arbeitet, die wiederum beide Söhne im Krieg verloren haben. Jane pflegt seit Jahren eine heim- liche Affäre mit Paul (Josh O‘Connor), dem Sohn der Nachbarn. Als Paul die Ver- lobung mit einer Tochter aus gutem Hause bekanntgibt, ändert sich für Jane alles... Eine Französin (Eva Hus- son) verfilmt diesen urbri- tischen Stoff und hadert etwas mit ihrer elliptischen Erzählstruktur. Ansonsten schöne Bilder von gutausse- henden Menschen in tollen Kostümen. Und das ist alle- mal eine Reise bzw. Kino- karte wert.
105´ Cinema
(nur noch heute, Mi., 1201.!)
Drive My Car
(jonny) In der Verfilmung einer Kurzgeschichte von Haruki Murakamis geht es um einen Theaterre- gisseur, der einen har- ten Schicksalsschlag ver- kraften muss, nachdem seine geliebte Frau plötz- lich verstorben ist. Eine neue Beauftragung sorgt allerdings für ein wenig Ablenkung und so soll
er die Inszenierung von Tschechows „Onkel Wanja“ in Hiroshima übernehmen. Für den Weg wird er von der jungen Misaki gefah- ren, die gerade eine ähn- liche Phase durchmacht. Bei den etlichen Autofahr- ten lernen sich die beiden Menschen näher kennen... Ein poetisches Filmerleb- nis, bei dem man die Prot- agonisten auf einer Ebene kennenlernt, die man so im Kino kaum für möglich halten sollte.
179´ Cinema