Page 6 - pixelbook KW 22/2022
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na dann... 19/2022
    Rabiye Kurnaz
gegen George W.
Busch
(mex) Eine wahre Geschichte aus Deutschland. Das bo- denlose Unrecht, das dem türkisch-stämmigen Bremer Murat Kurnaz über mehr als vier Jahre in Guantanamo widerfahren ist, markiert auch hierzulande einen der dunkleren Flecken der jün- geren Rechtsgeschichte, ha- ben sich Verantwortliche aus Politik und Medien doch alles andere als um die Ver- teidigung rechtsstaatlicher Grundprinzipien verdient gemacht. Vieles, sicherlich noch lange nicht alles, ist zu diesem Thema gesagt worden (u.a. in Kurnaź, von Stefan Schaller verfilmten, Autobio- graphie). Insbesondere pro- minente Entscheidungsträger von höchster Stelle lassen dagegen bis heute so manche Frage offen. Nun beleuchtet Andreas Dresen (Sommer vorm Balkon“, „Gundermann“) das Drama aus der Sicht von Rabiye Kurnaz (sensationell: Meltem Kaptan), Murats Mut- ter. Ein überragender Move, der die ganze Tragweite der Katastrophe noch einmal aus gänzlich neuer Perspektive offenbart und dabei überra- schend ausgewogen zwischen Komödie und kämpferischem Gerechtigkeitsepos pendelt. Nicht verpassen.
119´ Cinema
Everything Every-
were All at Once
(sirk) "Alles was wir sehen oder scheinen ist nichts als ein Traum in einem Traum". Edgar Allen Poe. Im Film bei Gaspar Noé ("Vortex") Bestandteil eines Buches, bei Daniel Scheinert ("Swiss Army Man") Grundaussage des Films. Grundelement, im Film besser bekannt als Mc- Guffin, ist die irdischste aller Dinge: die Steuererklärung. Wegen einer als Betrieb- sausgabe abgerechneten Karaoke-Maschine wird die leicht verstrahlt wirkende Besitzerin eines Wasch- salons (köstlich: Michelle Yeoh) von einer unbarm- herzigen Steuerprüferin (böse: Jamie Lee Curtis) in die Mangel genommen. Plötzlich erscheint eine Dop- pelgängerin aus einem der zahlreich auftauchenden Paralleluniversen und nichts ist mehr wie es einmal war. Aus einem was ....? Genau. Irrwitz at ist best. Nach dem grandios absurden "Swiss Army Man" der nächste Streich von Dan Kwan und Daniel Scheinert. Alles was wir sehen oder ... Siehe oben. Nicht verpassen!
139´ Cinema
The Northman
(jonny) Im Jahr 895 wird der Wikingerkönig Aurva- ndil von seinem macht- besessenen Bruder Fjölnir brutal ermordert. Auch sein Sohn Amleth soll getötet werden, doch mit viel Glück gelingt ihm die Flucht. Amleth schwört Rache und daran hat sich auch dreißig Jahre später noch nichts geändert.
Sein Königreich hat Fjölnir mittlerweile wieder ver- loren, der nun eine Farm
in Island betreibt. Getarnt als Sklave schleust sich Amleth zusammen mit der Seherin Olga in die Farm ein, um dort seine blutigen Rachepläne endlich in die Tat umzusetzen... „The Northman“ ist kein billiger „Game of Thrones“-Ver- schnitt oder eine halbgare Leinwandadaption der „Vikings“-Serie. Nein, Ro- bert Eggers Film ist ein detailversessenes Einzel- stück, ein Wikinger-Epos von unglaublich Bildgewalt und Brutalität, verstörend und absolut großartig!
137´ Schloßtheater
Haute Couture
(sirk) Hach, wie schön. Ja, gute Taten führen manch- mal zu neuen Möglich- keiten: Pünktlich zu den Präsidentschaftswahlen geht es um Ungleichhei- ten und einer möglichen Lösung in Frankreich:
Jade (überzeugend: Lyna Khoudri) aus den Banlieue klaut der Haute-Cou- ture-Schneiderin Esther in der U-Bahn die Handta- sche. Als sie Skizzen darin findet, bekommt Jade ein schlechtes Gewissen. Sie gibt die Tasche samt Inhalt zurück und erhält darauf- hin ein Praktikum bei Es- ther, die bei Dior arbeitet. Autorin und Regisseurin Sylvie Ohayon, selbst aus den Vorstädten, führt
zwei unterschiedliche Welten zusammen, folgt der widerstrebenden und wie Aschenputtel auch weglaufenden Jade in ihre Banlieue und Esther in
ihre bessere Wohngegend. Glaubwürdig? Naja. Schön anzusehen und Hoffnung machend ist das, ange- sichts der überzeugenden Hauptdarstellerinnen, aber schon.
100´ Schloßtheater













































































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