Von Ruprecht Polenz, 22.11.2017

Bekommt Münster eine Straßenbahn auf Reifen?

Mit extra Fahrspuren und 8000 bis 10.000 Personen, die täglich auf diesen Hauptachsen transportiert werden? Denn so viele müssen es schon sein, damit sich die Sache lohnt.

Die Stadtwerke scheinen von dieser Idee angetan zu sein. Ein Bild von einem Bus, der aussieht wie eine Straßenbahn mit zwei Wagen, soll schon mal Appetit machen.

Ich bin nicht sicher, ob das Mobilitätskonzept der Zukunft tatsächlich so aussieht, dass sich viele Menschen gemeinsam in ein großes Verkehrsmittel begeben müssen, um gemeinsam nach Fahrplan transportiert zu werden. Der gesellschaftliche Trend geht eigentlich in eine andere Richtung: Flexibilisierung der Arbeitszeit, mehr individuelle Gestaltungsmöglichkeiten. Beim Fernsehen folgt man nicht mehr den Hauptprogrammen, sondern sieht was, wann und wo man will. Die Mediathek ersetzt die Fernsehzeitung. Für immer mehr Arbeitsplätze gilt, dass es immer weniger darauf ankommt, wo man arbeitet.

Ob es in zehn Jahren noch eine Rush-Hour geben wird, wie wir sie seit Fließbandzeiten kennen, erscheint mir zweifelhaft. Jedenfalls sollte man sich gut überlegen, ob man die 100 Millionen, die für die „Stadtbahn auf Rädern“ veranschlagt werden, tatsächlich investieren will, um in 10 Jahren ein solches System zu haben. Die reservierten Spuren für die Straßenbahn auf Rädern würden dem übrigen Verkehr auch dann nicht zur Verfügung stehen, wenn gerade keine Bahn fährt. Das wäre die weit überwiegende Zeit am Tag der Fall.

Es spricht viel dafür, dass innerhalb der nächsten Jahre das selbstfahrende Auto zur Serienreife kommt. Damit werden auch für den öffentlichen Personen-Nahverkehr ganz neue Individualisierungschancen eröffnet.

Klein - individuell - flexibel und mit vielen anderen geteilt - so könnte das Stadtwerke-Motto für die selbstfahrenden, elektrisch angetriebenen Kleinbusse in 10 Jahren lauten.

Statt längere Wege zur Stadtbahn-Haltestelle zurücklegen zu müssen, könnte ein dichtes Netz von Haltepunkten die Menschen dort abholen, wo sie wohnen oder sich gerade aufhalten.

Über eine App gibt man Standort und Ziel ein. Der Zentralrechner schickt in max. 10 Minuten einen Elektro-Kleinbus vorbei. Scherzhaft hat jemand mal gesagt: Das Teure am Bus ist nicht der Bus, sondern der Fahrer. Deshalb könnte sich dieses System rechnen.

Nimmt man dann noch ein Uber-System für Münster dazu, reduziert sich auch die Zahl der PKW in der Stadt. Selbstfahrende Autos ermöglichen es, Mobilität neu zu denken.

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